Deluxe & Destinations Zehn Sekunden zu spät – Maschine aus Palma irrt nachts durch deutschen Luftraum

Zehn Sekunden zu spät – Maschine aus Palma irrt nachts durch deutschen Luftraum

Mehr als 200 Passagiere irren mit ihrem Condor Flug zurück auf dem Weg von Mallorca durch den deutschen Luftraum. Der Grund: Weil sie zehn Sekunden zu spät waren, durften sie nicht wie geplant in München landen.

Es ist in der Nacht von Montag auf Dienstag dieser Woche passiert: Eine Boing 757-300 mit 275 Sitzplätzen sollte gut gebucht im Namen von Condor von Palma de Mallorca nach München fliegen. Abflug 20.35 Uhr. Doch daraus wurde nichts. Weil es am Himmel voll war, entschied die zuständige Flugsicherung in Brüssel, dass es erst um kurz vor elf losgehen sollte. Als die Maschine dann über München das Fahrwerk ausgefahren hatte und zur Landung ansetzte, erhielt der Pilot die Aufforderung durchzustarten und weiterzufliegen. Er hatte die Ankunftszeit nach eigener Auskunft um zehn Sekunden verfehlt, der Flughafen sei für ihn und seine Passagiere geschlossen.

Der Condor Flieger setzte seinen Flug darauf bis Frankfurt Hahn fort. Von dort karrte die Fluggesellschaft die total übermüdeten Passagiere die zwei Stunden bis Frankfurt-Flughafen, wo am Morgen dann ein Flugzeug nach München abhob. Mit etwa zwölf Stunden später, waren alle dann dort, wo sie hinwollten, mehrmals abgehoben und gelandet, nur die Stimmung war dauerhaft am Boden. Der Urlaub? Lange her.

Eine Passagierin bringt es so auf den Punkt: „Im Landeanflug, das Fahrwerk schon ausgefahren, fehlten am Ende zehn Sekunden: Daraufhin verweigerte der Münchner Flughafen-Tower die Landeerlaubnis – Vorschrift ist Vorschrift! Der Pilot: „Liebe Passagiere, es tut mir wahnsinnig leid, aber wir mussten wieder durchstarten und werden umgeleitet nach Frankfurt Hahn. Aufgrund gesetzlicher Vorschriften dürfen wir nach 00:30 Uhr in München nicht mehr landen. Das ist mir in meiner gesamten Berufszeit auch noch nie passiert!“ Neben Zeitverlust und unnötigem CO2-Ausstoß, so schreibt sie weiter, bleibe der Eindruck: „Hier wurde Bürokratie über gesunden Menschenverstand gestellt. Armes Deutschland.“

Wer der Sache nachgeht, erlebt tatsächlich eine Bürokratie am Himmel, die zur Hölle werden kann. Denn der Flughafen München teilt mit „besten Grüßen vom Airport“ mit: Am Flughafen München gebe es zwischen 0 Uhr und 5 Uhr Nachtflugverbot. „Ausnahmen werden nur bei Landungen aus Flugsicherheitsgründen sowie Not- und Hilfeleistungsflügen oder in begründeten Ausnahmefällen durch die zuständige Stelle des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr überprüft und genehmigt.“ Einen Ausnahmeantrag müsse immer die Airline selbst stellen. Freigaben für Starts und Landungen auf dem Flughafen München würden von der Deutschen Flugsicherung (DFS) erteilt. Vielleicht könnten die Kollegen dort Auskunft geben.

Bei der DFS ist man auf Nachfrage auch sehr freundlich. Eine Sprecherin bestellt „beste Grüße“ und schreibt, die Sache sei kurz erklärt: „Die Landegenehmigung der DFS orientierte sich an der Ausnahmegenehmigung des Staatsministeriums und lief daher automatisch ebenfalls um 00:29:59 Uhr ab. Die Verantwortung über die zeitlichen Vorgaben liegt beim Ministerium und die DFS fungiert lediglich als Dienstleister.“ Also auch hier ist keiner für das Wohlergehen der Passagiere zuständig.

Bleibt das angesprochene bayerische Verkehrsministerium. Auch von dort gibt es eine offizielle Stellungnahme mit „freundlichen Grüßen“. Sie geht so: Ausnahmen vom Nachtflugverbot werden nur bei Landungen aus Flugsicherheitsgründen sowie Not- und Hilfeleistungsflügen oder in begründeten Ausnahmefällen durch die zuständige Stelle des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr überprüft und genehmigt. Für den besagten Flug wurde vor dem Start eine Ausnahmegenehmigung für 0.30 Uhr eingeholt. Eine weitere Ausnahmegenehmigung konnte allerdings nicht mehr erteilt werden, da sich das Flugzeug bereits in der Luft befand.“ Wie es zu der Entscheidung kam, dass der Pilot dennoch weiterhin München angesteuert hat, müsse die Airline beantworten.

An dieser Stelle endet die Recherche. Sie würde bei Condor landen, die dann die Flugsicherung in Brüssel bemühen müsste, von der das Wehklagen über den überfüllten Himmel und die überforderten Lotsen zu hören wäre. Klar wird: Verantwortlich ist niemand wirklich. Für die Beteiligten ist das bequem. Für die Betroffenen ein ziemliches Desaster.