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Meinung: Warum wir keine “German-Angst-Behörde“ brauchen

Meinung: Warum wir keine “German-Angst-Behörde“ brauchen

Ein Gastbeitrag von Michael Cassau

Die berühmt-berüchtigte German Angst: Sie lässt uns neue Versicherungen abschließen, Vorsorgeuntersuchungen vereinbaren, langfristig denken und planen. Unseren Ruf haben wir damit international längst weg. Während andere Nationen mit dem Mindset aufwachsen, dass Mut belohnt wird, sind wir für unsere Skepsis bekannt. Mittlerweile sind wir sogar an einem Punkt angekommen, an dem selbst die Politik versucht die Bürger zu mehr Optimismus im Hinblick auf KI, neue Technologien und neuen Geschäftsmodellen zu motivieren. Doch was nützt der ganze Aktionismus, wenn neue Ideen direkt auf ihr Risikopotenzial reduziert werden, ohne dabei die Chancen zu beleuchten?

Der vermeintliche Patron

Während sich bei Car-Sharing und Musikstreaming keiner mehr über Mitglieds- und Abogebühren echauffiert, hat sich im Rahmen einer neuen Welle von Startups aus dem Sharing- und Access-Economy-Sektor erneut eine Skepsis in die Berichterstattung eingeschlichen. Problematisch dabei ist, dass sich die Verbraucherschutzzentrale als vermeintlicher Patron des unmündigen Konsumenten in einen marktwirtschaftlichen Prozess einmischt und ihn verlangsamt.

Kritikpunkt Nummer eins der Verbraucherschützer an Sharing- und Access-Modellen: Die Unübersichtlichkeit der abgeschlossenen Abos und anfallenden Gebühren, die Kunden laut Berichterstattung langfristig potenziell in eine Verschuldung hineinführt. Fakt ist: Kein rentables und zukunftsorientiertes Unternehmen legt Wert darauf, seinen Kunden Mietverträge zuzusichern, die sie nicht bedienen können. Da wäre man schnell am Ende der Fahnenstange angelangt und müsste sich zeitnah ein zweites Standbein als Inkassobüro aufbauen. Die meisten Unternehmen, die solche Services anbieten, prüfen die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden genau. Außerdem wird meist ein Limit pro Person und maximaler Monatsmiete/Mietvolumen angesetzt.

In vielen Köpfen herrscht zudem noch ein antiquiertes Bild von zwielichtigen „Abofallen” vor, die sich dadurch rentieren, dass sie es dem Kunden schier unmöglich machen, zu kündigen. Auch das kann sich heute kein Startup mehr leisten. In Zeiten von Social Media und Co. würde solch ein Geschäftsmodell in Windeseile durchfallen. Die Unternehmen verdienen ihr Geld damit, dass ihre Kunden zufrieden – und loyal sind.

Der eigentliche Wert

Ein weiterer Kritikpunkt an Mietmodellen ist der vermeintlich hohe Preis des Mietens. Hierbei muss man verstehen: Grundlage für die meisten Mietmodelle ist der Unterschied zwischen Asset-Life-Value, also dem Wert des Produktes auf seine gesamte Lebensdauer gerechnet und dem Useful-Life-Value, dem Wert, den das Produkt für einen bestimmten Nutzer für eine bestimmte Zeit hat. Die Frage ist: Warum sollte ich den vollen Asset-Life Value zahlen, wenn das Produkt nur eine begrenzte Zeit wertstiftend für mich ist? Das ist der Aspekt, den Verbraucherschützer oftmals vernachlässigen. Sie ziehen nur den Asset-Life-Value in Betracht und zielen immer auf das vollumfängliche Eigentum ab und erkennen den Vorteil, nur für den Nutzungszeitraum eines Produktes zu zahlen, nicht als solchen an, obwohl sie das im Interesse der Verbraucher definitiv sollten.

In erster Linie muss ein Umdenken auf Kundenseite stattfinden, damit solche Modelle greifen können. Eine Befeuerung der German Angst mit Argumenten, die den Konsumenten entmündigen und ihn in der falschen Sicherheit eines unreflektierten Konsums wiegen, sind hier fehl am Platz. Der Gedanke der Sharing Economy basiert auf der Vorstellung, dass sich mit veränderten Lebensumständen oftmals auch sehr kurzfristig Bedürfnisse und Ansprüche um 180 Grad drehen. Flexibilität ist unabdingbar, und zukünftig leichter handelbar – dank der neuen Geschäftsmodelle.


Michael Cassau ist CEO und Gründer von Grover, einem Unternehmen das technische Geräte monatsweise vermietet und so eine Alternative zum Kauf anbieten möchte. 

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