Leadership & Karriere Ohne Mehrheit ist Merz der falsche Mann

Ohne Mehrheit ist Merz der falsche Mann

Die Zukunft des Kanzlers in Spe hängt ausgerechnet an den Grünen. Machen sie bei seinem Schuldenprojekt nicht mit, ist Friedrich Merz gescheitert, bevor er überhaupt angefangen hat. Mit Demokratie hat das ganze wenig zu tun.

Die Demokratie hat ihre Abgründe. In einen blicken wir gerade: Kanzler in spe Friedrich Merz will in ein Schuldenprogramm einsteigen, wie es das in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben hat. Um die dafür nötige Grungesetzänderung durchzudrücken, trat heute das alte Parlament nochmal zu einer Sondersitzung zusammen. Nur in dieser überholten Zusammensetzung rechnet Merz sich aus, die Zweidrittelmehrheit für die fällige Grundgesetzänderung zu bekommen. Die Grünen, die drohen, nicht mitzumachen, will er mit Klimaschutzgeschenken auf seine Seite ziehen. Das Ganze ist mindestens ein Husarenstreich, eher allerdings wirkt es wie ein Taschenspielertrick.

Die Folgen sind bereits sichtbar: Die Risikoprämien für deutsche Staatsanleihen sind im Steigflug, die Schuldenlast würde von 64 Prozent des Bruttoinlandprodukts auf 85 klettern und ist damit außerhalb jeder geltenden EU-Regel landen. Auf jedem Steuerzahler lasten, wenn das Paket kommt, 77 000 Euro Schulden. Das Land droht sein Top-Bonitätsrating zu verlieren, was die Zinsen in die Höhe treibt.  

Doch es gibt auch eine andere Perspektive: Deutschland kann sich die Ausgaben leisten. Im Vergleich zu den USA, wohin viele neidisch schauen, wenn es um Staatsinvestitionen in KI und junge Wirtschaft geht, sind die Deutschen Musterknaben. Rund 125 Prozent des BIP lautet die US-Schuldenquote. Deutschland hat dreieinhalb quälende Jahre darunter gelitten, dass sich die Regierung nicht auf staatliche Investitionen einigen konnte, die die Rezession beseitigen. Und: Was nutzt es einer künftigen Generation ohne Schulden dazustehen, wenn dafür das Internet löchrig, die Straßen kaputt oder – schlimmer noch – die Bundeswehr nur bedingt abwehrbereit ist?

Die Kritik, der Merz sich stellen muss, ist deswegen nicht die an seiner Schuldenpolitik. Es ist die an seiner Brandmauer-Ideologie, die ihn jetzt demokratische Abgründe ausloten lässt. Ein Kanzler muss um Mehrheiten im jeweils gewählten Parlament ringen. Wenn er die nicht erreichen kann, ist er der falsche Mann.                                               

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