Print ist tot. Es lebe Print.
Sich noch für Gedrucktes stark zu machen, mag für manche sehr aus der Zeit gefallen scheinen. Alle toben durch Insta und Co. Doch für das gute alte Papier in völlig neuem Gewand sprechen nicht nostalgische Argumente, sondern knallharte betriebswirtschaftliche, marketingseitige und auch nachhaltige Fakten sagt Johannes Voetter.
Gastbeitrag von Johannes Voetter, Gründer und Gesellschafter der WIRmachenDRUCK GmbH.
Es war das Ende einer Ära. Und was für einer: Firmengründer und Namensgeber Ingvar Kamprad höchstpersönlich stellte im Jahr 1951 den ersten IKEA-Katalog zusammen. Covermodell der Premierenausgabe war der gepolsterte „MK Schaukelstuhl“ in Braun. Im ersten Jahr des Erscheinens wurden nach Angaben des Unternehmens 285.000 Exemplare mit 68 Seiten gedruckt und ausschließlich in schwedischer Sprache in Südschweden verteilt. Der Rest ist Erfolgsgeschichte: Im auflagenstärksten Jahr, 2016, wurden 200 Millionen Exemplare des Katalogs in 69 Versionen und 32 Sprachen in mehr als 50 Ländern vertrieben. Zu Spitzenzeiten erreichte der Katalog eine höhere Druckauflage als die Bibel. Doch 2020 dann der harte Cut und die Entscheidung, dass das die letzte Ausgabe der gedruckten Ausgabe sein sollte. Oha!
Print is back for the future
Die Kosten und überhaupt der Siegeszug der Digitalisierung – da ist ein gedruckter Katalog doch aus der Zeit gefallen, oder? Doch IKEA unterschätzte die Lust seiner Kundschaft auf Print. Vor Ort in den Märkten und in vielen Foren und Communities war der Zorn über die Entscheidung groß. Mit der Folge, dass ein adaptierter Katalog 2023 zwar nicht flächendeckend, aber in ausgewählten Märkten wieder eingeführt wurde.
Eine Rolle rückwärts, die nicht nur IKEA betrifft. Landauf, landab wurde Print für mausetot erklärt. Doch faktisch passiert seit geraumer Zeit das genaue Gegenteil: Printprodukte erleben eine Wiedergeburt. Neues Gewand, neue Funktion, neuer Kontext. Der Hauptgrund dafür ist kurioserweise genau im Siegeszug der digitalen Angebote zu finden. Unser Tag hat nur 24 Stunden – doch wir erleben parallel in den immer vielfältiger werdenden digitalen Kanälen eine immense Flut an Inhalten, die auf uns einprasseln. Während das Content-Angebot immer größer wird, immer bunter, immer schriller, leidet unsere Aufnahmefähigkeit. Zudem sind immer mehr Inhalte im Web austauschbar, marktschreierisch, substanzlos und, ja, frank und frei: billig und wenig wertschätzend.
In diesem Umfeld der Un-Aufmerksamkeit wird es besonders für Hersteller hochwertiger Waren immer schwerer, für sich zu werben und sich abzuheben. Genau hier kommt Print wieder ins Spiel: Besonders in Premium- und Luxussegmenten ist Print unverzichtbar.
Studien zeigen, dass Printwerbung mehr Vertrauen genießt als digitale Ads. Eine 2022er, repräsentative Studie des Branchenverbandes Content Marketing Forums belegt: 89 Prozent der Konsumentinnen und Konsumenten im deutschsprachigen Raum nutzen gedruckte Kundenmagazine. Drei Mal werden gedruckte Kundenmagazine im Schnitt zur Hand genommen, bevor sie in der Altpapiertonne landen. Diese Magazine sind – wenn sie gut gemacht sind – ein haptisches und visuelles Erlebnis. Und eines, das die spätere Kaufentscheidung sehr positiv beeinflusst: 82 Prozent der repräsentativ Befragten gaben an, sich bei Kaufentscheidungen auf die in Kundenmagazinen vermittelten Informationen zu verlassen.