Estland und der Gründerturbo
Deutschland ist bekannt für seine irre Bürokratie. Doch immer mehr deutsche Gründer:innen haben genug und setzen unter anderem auf einen digitalen Turbo: das estnische e-Residency-Programm.
Deutschland rockt
Rund sechs Prozent der globalen e-Residenten haben die deutsche Staatsbürgerschaft, fast sieben Prozent leben hier – und machen das Land somit zum zweiten größten Markt. 35 Prozent jener Deutschen gründeten ihre Firma in Estland und katapultieren den Staat damit auf Platz 3 der internationalen Rankings. Für viele ist der Reiz des Programms klar: weniger Bürokratie, weniger Warten – einfach mehr Gründerfreiheit.
Madeleines Flucht aus der Bürokratie
Ein gutes Beispiel für diese neue Gründer-Mentalität liefert Madeleine Schulze, Gründerin von MadThinkMarketing. Sie verzweifelte hier bei uns fast an der Bürokratie. „Drei Monate auf meine Umsatzsteuernummer warten? Das war für mich der Punkt, an dem ich mir schwor, nie wieder in Deutschland zu gründen“, sagt sie. In Estland war der Gründungsprozess ein Kinderspiel – ihre Firma war in wenigen Tagen online und läuft seitdem zu 100 Prozent digital.

Wirtschaftlicher Aufschwung
Doch jenes Programm ist nicht nur ein Türöffner für Gründer:innen, sondern auch ein echter Wirtschaftsfaktor. 2024 haben e-Residenten mit ihren Unternehmen fast 0,4 Prozent der gesamten estnischen Staatseinnahmen generiert – eine ordentliche Summe bei 16,8 Milliarden Euro. „Dass immer mehr Gründer aus Deutschland den Weg nach Estland finden, zeigt, dass wir mit unserem Konzept einen echten Need bedienen“, sagt Liina Vahtras, Managing Director bei e-Residency. Ihr Ziel für 2024: nicht nur die Anzahl der Unternehmen weiter steigern, sondern auch deren langfristiges Wachstum fördern.

Über e-Residency
Das estnische Programm erfand man Ende 2014 mit dem Ziel, ausländischen Staatsangehörigen einen sicheren Zugang zu den elektronischen Behördendiensten Estlands zu ermöglichen, gleichzeitig das grenzüberschreitende Unternehmertum zu fördern und Geld für den Staatshaushalt zu erzielen. Seit dem Start erhielten mehr als 121.600 Menschen aus 185 Ländern den e-resident-Status. Aktuell nutzen fast 60.000 die digitale ID-Karten aktiv. 33.800 Firmen wurden gegründet. Über 274 Millionen Euro gab es an direkten Einnahmen für den baltischen Staat.