Leadership & Karriere Yeah, streitet Euch 

Yeah, streitet Euch 

Wir sind des Streits müde? Wir können es nicht mehr hören, was die Regierenden da vollführen? Nein – das Gegenteil ist richtig: Streitet euch! Es ist das Lebenselixier der Demokratie. 

Hey Punks, in einer idealen Welt, so lese ich gerade auf der Seite des ZDF, würde eine Regierung die beiden heute steigenden Wirtschaftsgipfel als sinnvolle Ergänzung verkaufen: Kanzler Olaf Scholz will sich im Kanzleramt um die besonderen Nöte der Industrie kümmern; Finanzminister Christian Lindner will mit dem Mittelstand sprechen. „Allerdings ist die Ampel-Regierung alles andere als eine ideale Welt“, stellt das ZDF fest. 

Was daran stimmt: Die Ampelregierung ist nicht ideal. Und das Zustandekommen dieser Gipfelitis ist Kindergarten: Du hast mir mein Spielzeug geklaut, dann hole ich mir jetzt ein noch schöneres. Scholz hatte Lindner angeblich nicht vorab über sein Spitzengespräch informiert, der hat darauf sein eigenes Spitzentreffen organisiert. 

Was aber nicht stimmt, ist, dass die ideale Welt, wie sie sich das ZDF vorstellt, eine ohne Streit sein soll. Kein Streit heißt kein Leben, keinen offenen Streit gibt es nur in der Diktatur, kein Streit in der Partnerschaft heißt Unterdrückung des anderen, und kein Streit zum Beispiel bei VW hieße Stillstand. Innovation und Veränderung brauchen Streit ums richtige Ziel und um den Weg dorthin.

Eines der größten Probleme, die wir gerade haben, ist genau der Verlust dieser Streitkultur. Streit ist das Lebenselixier der Demokratie und bedeutet, dass einer dem anderen zuhört, sich mit den Argumenten auseinandersetzt, und beide um Lösungen ringen. Eine Sicht trifft auf die andere Sicht, Rede und Gegenrede – mir kommt es oft so vor, als sei das verloren gegangen. Bei Business Punk übrigens nicht. Wir machen Ärger, weil wir Veränderung wollen. Demokratie trägt den Streit in ihrer DNA.  

Wer aufhört, die Streitkultur – übrigens ein sehr schönes, sehr deutsches Wort –  zu pflegen, kapituliert vor der Cancel-Culture, übrigens ein sehr hässliches Wort, das es nur auf englisch gibt. Genau dieses Problem haben wir. Wir nehmen die Argumente des anderen nicht mehr ernst. Stattdessen begnügen wir uns damit, dem Anderen Etiketten umzuhängen: Du bist links. Du bist rechts. Du bist Trump-Anhänger. Du bist Putin-Anhänger. Du bist grün, Du bist – so wurde ich neulich lustigerweise genannt: „ein FDP-Zäpfchen“.  

So kommt es, dass Dinge, die nichts damit zu tun haben, plötzlich zum Symbol für links oder rechts gemacht werden. Das Auto zum Beispiel wird, haste nicht gesehen, zum Objekt eines Kulturkampfes: Die Linken fahren es nur mit Elektromotor und glauben alles andere führt unweigerlich zur Planetenzerstörung, die Rechten wollen ihren Verbrenner nicht aufgeben und stilisieren den Stinker zum Freiheitssymbol. Beides ist Blödsinn und das arme Auto kann schon gar nichts dafür. 

In dem ich einen anderen ernstnehme, ihn widerlege oder auch nicht, zeige ich Respekt. Wenn ich aber nicht zuhöre und ihm ein Etikett umhänge, grenze ich ihn aus. Passiert auf Social Media-Foren andauernd. Für uns Business Punker ist das eines der großen Themen: der Verlust der Streitkultur. Das Zuschlagen von Türen. Das ist natürlich nichts Neues unter der Sonne. Die Verunglimpfungs-Unkultur ist immer ein Zeichen für den Dämmerzustand der Eliten. Einst waren es die Linken, die als von Moskau ferngesteuert galten, und die zu Hause die Rebellen gaben. Jetzt sind es die Rechten, die von Moskau ferngesteuert sein sollen, und hierzulande als Störenfriede gelten. Das Pendel schlägt allerdings gerade um und das ist gut so, denn es ist ein vitales Lebenszeichen der Demokratie. 

So. Das fällt mir ein zu Gipfel und Gegengipfel heute in Berlin. Deutschland hat nicht das Problem, dass gestritten wird, sondern dass innerhalb der Regierung gestritten wird. Ein Wunder ist das allerdings nicht innerhalb einer Truppe, mit drei Anführern und drei mehr oder weniger wilden Haufen dahinter. Diese Regierung hat sich ihre eigene Opposition gleich mitgebracht. Fürs Regieren ist das hinderlich. Man kann das feststellen – ohne gleich wie zum Beispiel das ZDF in Sehnsucht nach Harmonie und damit Friedhofsruhe zu verfallen. 

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