Life & Style „Die Songs kannte nicht mal unser Management“

„Die Songs kannte nicht mal unser Management“

Business Punk meets Tokio Hotel. Im Rahmen der Vuse Connection präsentierte die Band ihren Fans unveröffentlichte Songs. Über dieses Experiment, Gründer-Gene und notwendige Fehler sprachen wir mit den Jungs in Berlin.

Ihr habt vor Kurzem ein Secret Listening für eure Fans veranstaltet. Was gab es denn zu hören? 

Bill: Wir haben Songs gespielt, die noch nicht mal unsere Plattenfirma gehört hat. Songs, die teilweise unser Management noch nicht kannte, die noch im Entstehen sind und noch nicht richtig aufgenommen wurden. Wir fanden es eine coole Idee, das im Rahmen dieser Vuse-Veranstaltung unseren Fans vorzuspielen. So ein direktes Feedback zu bekommen, ist echt spannend und besonders. Welcher Song wird der Lieblingssong, welcher eher nicht? Manche Songs fallen dann auch komplett weg. Sie wurden einmal gespielt und dann nie wieder, weil sie es auf kein Album schaffen.

Tom: Es war auch sehr interessant, welche Songs gut ankamen und welche eher nicht. Ein sehr ungewohntes Gefühl, denn wie gesagt, normalerweise lassen wir in diesen Prozess gar keinen rein. Es ist auch ein bisschen so, dass man in der Demo-Phase noch Arrangements findet, Tempos ändert, viele Dinge noch ausprobiert und damit teilweise wahnsinnig intim ist. Zum Beispiel war ein Song dabei, den Bill einfach so beim Songwriting im Raum eingesungen hat. Ich habe dann zwei Mikrofone hingestellt, Bill hat gesungen, ich habe Gitarre gespielt und dann haben wir da später noch ein bisschen Atmosphäre drübergelegt.

Das klingt nach einem Experiment … Ich durfte ja leider nicht dabei sein. 

Bill: Absolut. Denn es ist wirklich alles noch sehr in der Anfangsphase des Songwritings. Für uns war es ein großes Bedürfnis, die Fans so früh reinhören zu lassen. Klar, alles noch ein bisschen ungewohnt.

Eure Karriere zeigt, wie wichtig es ist, innovative Ideen zu verfolgen. Wie beobachtet ihr die Startup-Szene? 

Bill: Ich muss sagen, gar nicht so mega viel. Wir selbst haben natürlich auch einige Startups gegründet und wissen, dass es wahnsinnig viel Arbeit bedeutet. Man braucht Durchhaltevermögen, ganz viel Motivation und gleichzeitig hat man eine enorme Verantwortung. Wir machen das also eher selbst, als zu beobachten. Und wenn, dann ist Georg da vor allem noch mehr drin. Er ist sowieso der Schatzmeister der Band, schon immer gewesen.

Georg: Wir haben natürlich auch als Brand an sich immer wieder mit anderen Startups zu tun, weil wir neugierig sind. Wo entstehen Synergien, die wir schaffen können? Durch die Musik und durch die Firmen, die wir gegründet haben. Unsere Startups haben wir eher aus der Not heraus gegründet bzw. erfunden, weil wir einfach unzufrieden mit vielen Dingen waren. Oder wir sehen einfach, wo Needs sind und denken dann: Hey, können wir das nicht selbst besser machen? Wir haben von eigenen Label-Strukturen bis hin zu eigenem Ticketing über eigenen Merch, eigene Kollektionen und so weiter nach und nach Firmen gegründet. Ein paar Sachen haben nicht funktioniert, da haben wir dann entschieden, es doch nicht alleine zu machen. Doch etliche Firmen sind seit vielen Jahren sehr erfolgreich, und wir wissen dadurch, wie viel Arbeit darin steckt.

Habt ihr diese Firmen von L.A. aus gegründet oder in Deutschland? 

Bill: Alle unsere Firmen sitzen tatsächlich in Berlin und sind auch hier gegründet worden. Wir haben hier ein großes Office, wo viele unserer Mitarbeiter sitzen. Und wir gehen immer mit offenen Augen durch die Welt und gründen vor allen Dingen aus Frustration, aber auch aus Leidenschaft. Wenn wir glauben, dass man Dinge verbessern kann, probieren wir es einfach aus. Wir haben natürlich wahnsinnig viele Kontakte und viel Erfahrung und sehen, wo Dinge besser laufen können.

Gibt’s denn Bereiche für die Gründung, die in Deutschland schneller gehen als zum Beispiel im Silicon Valley?

Georg: Vom verwaltungstechnischen Aufwand würde ich sagen, nein. Ich glaube, dass es in Deutschland nicht die Atmosphäre und das Umfeld gibt, wie es im Silicon Valley möglich ist. Aber trotzdem hat es seine Vorteile, weil Berlin schon einfach so ein multikultureller Raum ist, wo viele Leute zusammenkommen und sich treffen. Ganz viele junge, frische Talente sind in dieser Stadt.

Bill: Und deswegen ist Berlin schon seit Jahren unser Band-Zuhause. Wir haben immer richtig viel Glück mit sehr guten Mitarbeitern gehabt, die unsere Firmen bereichern. Deswegen haben wir noch nie die Überlegung gehabt, Firmen nach Kalifornien zu verlegen. Wir fühlen uns am Standort Berlin sehr wohl. Es kommt ja auch echt darauf an, was man macht. Für uns laufen Dinge in Deutschland sehr viel schneller, weil wir natürlich auch andere Kontakte haben. Darum geht es ja auch ganz viel. Was hat man für ein Standing? Also wir können Dinge sehr schnell und sehr gut auf kurzem Wege in Berlin umsetzen.

Wie bringt ihr eure Ideen auf den Markt? 

Bill: Ich sage mal so, um Business im Vorhinein zu schaffen, da sind wir immer sehr laut. Denn da wollen natürlich sofort alle Leute mit einsteigen und sagen: Ja, wenn ihr dabei seid, gerne. Aber langfristig ist es schon so, dass wir immer versuchen, Brands zu bauen und Firmen zu gründen, die für sich stehen, ohne dass da irgendeine Promi-Power dahintersteckt.

Georg: Das ist immer unser langfristiges Ziel: Marken zu bauen, die Bestand haben. Es ist natürlich auch gut, Schirmherr zu sein und den ersten Push zu geben. Aber die Idee und die Motivation ist es am Ende, sagen zu können: Das Produkt, die Marke muss auch für sich alleine stehen.

Nennt doch mal Beispiele. 

Tom: Also wir haben natürlich den Vorteil, dass wir mit der Band weltweit touren. Allein das VIP-Ticketing ist zum Beispiel eine Sache. Die kam von amerikanischen Bands. Gestartet haben wir damit auf einer unserer US-Touren, es in Lateinamerika ausgebaut und dann unsere eigene Ticketing-Firma gegründet. Der Vorteil, dass es dann irgendwann hierher schwappt, davon profitieren wir.

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