Leadership & Karriere Seine stärkste Waffe ist das Wort: Was Habeck zum Kanzlerkandidaten macht 

Seine stärkste Waffe ist das Wort: Was Habeck zum Kanzlerkandidaten macht 

Nach Annalena Baerbocks Verzicht ist Robert Habeck als Kanzlerkandidat der Grünen frei. Doch um zu gewinnen, muss er außerhalb seines Kernfelds punkten.

Nun also Habeck. Während Annalena Baerbock in Washington in einem CNN-Interview erklärt, dass sie nicht die Kanzlerkandidain der Grünen sein werde, tourt Robert Habeck durch Dortmund. Er besucht ein Technologiezentrum, einst Standort eines Stahlwerks, sagt, als er von Baerbocks Interview offiziell erfährt, brave Sätze wie: als Außenministerin mache sie einen „hervorragenden Job“ und: „Alles Weitere werden wir in den Gremien beraten.“  

Tatsächlich ist das Politiker-Text, denn Habecks Auftritt als Kanzlerkandidat haben die Grünen seit Monaten vorbereitet. Nachdem Baerbock im Jahr 2021 mit ihrer Kandidatur verloren hatte, ist nun er am Zug. Er ist chancenreicher als Baerbock, weil er regelmäßig in der Beliebtheitsfrage vor seiner Parteikollegin landet. Und weit vor Scholz: Unter den führenden Köpfen in der Ampelregierung ist er mit Abstand derjenige, den das Volk am meisten mag. Der nach Umfragen beliebteste Grüne, Cem Özdemir, sieht seine Zukunft in Baden-Württemberg und strebt danach, Nachfolger von Ministerpräsident Winfried Kretschmann zu werden. Er ist aus dem Rennen. 

Den Staatsmann hat er schon geübt 

Habeck stärkste Waffe ist das Wort. Wer hinhörte, konnte seine Ambitionen zur Kandidatur bereits vor einem Vierteljahr erkennen, als er seine „Oster-Botschaft“ per selbstgedrehten Video verteilte. Osterbotschaften verbreiten normalerweise nur Bischöfe oder der Papst. Kaiser Wilhelm schrieb mit seiner Osterbotschaft von 1917 einmal Geschichte. Daher war das Video deutlich ambitioniert: ganz im Stil einer Regierungserklärung inszeniert. Der Vize-Kanzler redet da in dunklem Anzug und roter Krawatte nicht wie es sein Job wäre über die Wirtschaft, sondern staatstragend über Krieg und Frieden – so als wolle er die traditionelle Neujahrsansprache des Bundeskanzlers kontern. Und Habeck nutzte seine „Osterbotschaft“ für eine Breitseite gegen die SPD und dem Vorschlag ihres Fraktionschefs nach einem „Einfrieren des Krieges“. Er spricht in Gestus und Tonalität, im Appell an NATO-Verlässlichkeit und äußere Sicherheit wie ein Staatsmann und zugleich wie ein Kandidat des mittigen, schwarz-grünen Lagers. Zugleich definierte er die außenpolitische Linie der Grünen – was eigentlich Baerbocks Job gewesen wäre. Ein paar Tage später war es wieder Habeck, der diesmal bei der Digitalmesse OMR in Hamburg in Jeans und offenem Hemd einem jungen Publikum die Welt erklärte, wobei er sich als sanfter Krieger inszenierte, der gegen Despoten und Klimawandel gleichermaßen antritt. Seine Zuhörer – und ja: Zuhörerinnen – lagen ihm zu Füßen. 

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