Life & Style Wie sich eine Sparkasse gegenüber der AfD bis aufs Hemd blamiert

Wie sich eine Sparkasse gegenüber der AfD bis aufs Hemd blamiert

Eine der größeren deutschen Sparkassen wollte den Überweisungsauftrag eines Kunden an die AfD nicht ausführen. „Ein Versehen“, räumt sie hinterher ein. Jetzt kommt raus: Das Versehen hat offenbar Methode. Eine Software klaubt alle Überweisungen an die AfD heraus. Die Sparkasse ist blamiert, die Finanzgruppe hat ein Problem.

Die Sparkassen haben ein Problem. Es heißt: Afd. Und, wie es aussieht, haben sie es sich selbst eingebrockt. Passiert ist am 6. Februar folgendes:  Ein Kunde der Sparkasse Mittelfranken-Süd wollte 430 Euro an die AfD überwiesen, Mitgliedsbeitrag plus Spende waren das. Er erhielt daraufhin einen Tag später folgende Mail von seiner Sparkasse: „Sie haben am 6.2. eine Zahlung über 430 Euro zu Gunsten von Alternative für Deutschland geleistet. Der Zahlungsempfänger hat eine rechtsextremistische Ausrichtung. Die Sparkasse Mittelfranken Süd akzeptiert solche Zahlungen nicht. Stellen Sie bitte im eigenen Interesse solche Zahlungen ein.“

Der Fall schlug hohe Wellen. Schließlich war es nicht irgendeine Privatbank, die da ihren Kunden maßregelte, sondern ein öffentlich-rechtliches Geldhaus, das einen Auftrag hat. Die Sparkasse entschuldigte sich deswegen schnell, sprach von einem „menschlichen Versehen“ und räumte ein: „Als öffentlich-rechtliches Kreditinstitut ermöglichen wir allen gesellschaftlichen Gruppen und Personen, unabhängig von deren politischen Zielen, Zugang zu kreditwirtschaftlichen Leistungen.“

Soweit, so naja. Die AfD ließ die Sache jedoch nicht auf sich beruhen und präsentiert nun einen „Whistleblower“, also einen Insider, der anonym bleibt, und haarklein beschreibt, dass das Ganze bei der Sparkasse alles andere als ein Versehen ist, sondern Methode hat. Eine entsprechende Software, die an sich dazu dient, Geldwäsche-Verdachtsfälle zu identifizieren, sei so programmiert, dass sie beim Codewort AfD Alarm schlage. 

Die Partei geht seit dieser Enthüllung in die Offensive. Sie will in einer „Kleinen Anfrage“ (20/10558) von der Bundesregierung wissen, welche Erkenntnisse ihr zu „Drohbriefen von Sparkassen“ vorliegen. Sie packt die ganz große Keule aus und stellt das Vorgehen der Bank in einen Zusammenhang mit dem Plan von Innenministerin Nancy Faeser Banken gegen Rechtsextremismus zu „sensibilisieren“. Und sie greift Sparkassenpräsident Helmut Reuter an, weil der in einem Interview gesagt hat, dass „die AfD bei den Sparkassen alles andere als willkommen“ sei und die Bankengruppe „extremen Parteien weder freundlich entgegentreten noch guten Service bieten müsste“. 

Die Sache im Sinne der AfD voranzutreiben hat sich Kay Gottschalk vorgenommen. Er ist AfD-Abgeordneter, sitzt im Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und ist einer, dem auch die, die seine Partei nicht mögen, zuhören. Das mag daran liegen, dass sich der 58jährige im vergangenen Jahr in einer sehr emotionalen Bundestagsrede geoutet hat und über den Tod seines Ehemanns sprach. Für die Rede erhielt er Beifall von allen Fraktionen. Es liegt daran, dass er sich im Untersuchungsausschuss zum Wirecard-Skandal einen Namen gemacht hat, und es liegt daran, dass er öffentlich AfD-Rechtsaußen Björn Höcke kritisiert. Er sagt in einem Youtube-Interview zum Sparkassenfall: „Die böse Frucht der Nancy Faeser, unser Land zu spalten und eine einmalige Hetzkampagne gegen konservative, rechte Parteien zeigt Wirkung.“ An Sparkassenpräsident Reuter gerichtet fügt er hinzu: „Auch in höheren Etagen sitzen politisch einwandfrei funktionierende Apparatschiks.“ Gottschalk vergaloppiert sich anschließend noch, in dem er auch der Hamburger Sparkasse und der Landesbank-Baden-Württemberg solcherlei Gebaren vorwirft, die Beweise allerdings schuldig bleibt. Die genannten Banken weisen es auf Anfrage prompt zurück.

Tatsache bleibt allerdings, dass die AfD zumindest einen Fall belegen kann, in dem eine Sparkasse völlig das Maß verloren hat. Jedes private Unternehmen kann sich seine Kunden aussuchen, sollte sich das allerdings auch schon gut überlegen. 20 Prozent der deutschen Wahlberechtigen als „rechtsextrem“ abzuqualifizieren und auszuschließen, ist auf jeden Fall keine gute Idee. 

Eine Sparkasse allerdings darf sich diesen Gedanken gar nicht leisten. So wurde etwa die Berliner Sparkasse mit einem Gerichtsurteil aus dem Jahr 2018 dazu gezwungen, Verbänden der eindeutig rechtsextremen Partei NPD ein Konto anzubieten. Sie durfte entsprechende Konten nicht kündigen, weil sie einen öffentlich-rechtlichen Auftrag hat. Dazu kommt, dass die Sparkassen mit dem Aufstieg der AfD natürlich auch deren Wähler und Funktionäre in ihren eigenen Reihen haben. Denn wenn AfD-Politiker zum Bürgermeister oder Landrat gewählt, landen sie von Amts wegen im Verwaltungsrat der Sparkasse vor Ort oder sogar in regionalen Gremien der Finanzgruppe. Für die AfD ist deswegen das Verhalten der Sparkasse Mittelfranken-Süd, die mit ihren 35 Filialen und 600 Mitarbeitern nicht eben zu den kleinsten Instituten im Sparkassenverbund zählt, ein gefundenes Fressen. Falls die Bank aus Mittelfranken-Süd vorhatte, „ein Zeichen gegen rechts zu setzen“, ist dieser Versuch gründlich nach hinten losgegangen. Sie hat sich bis aufs Hemd blamiert.

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