Innovation & Future Dieses Startup will mit einer All-in-one-Plattform rechtliches Know-how demokratisieren

Dieses Startup will mit einer All-in-one-Plattform rechtliches Know-how demokratisieren

People und HR, Management und Operations, Marketing und Sales: Wer ein Unternehmen gründet, hat in vielen Bereichen ordentlich Papierkram zu bewältigen. Verfügt man über rechtliches Know-how, ist man im Vorteil. Für die, die es nicht sind, will Pocketlaw Abhilfe schaffen. Das Legal-Tech-Startup aus Schweden will eine All-in-one-Plattform für alle rechtlichen Themen im Unternehmen bieten.

Gegründet wurde Pocketlaw von Kira Unger und Olga Beck-Friis 2018 in Schweden, 2020 launchten sie ihre Plattform. Die zwei Gründerinnen kennen sich bereits aus Kindertagen, in der Grundschule war Beck-Friis Buddy von Unger. Später studierte Beck-Friis Politik und war jahrelang als Beraterin bei McKinsey tätig, mit Schwerpunkt auf Vision, Transformation und Strategie. Unger arbeitete klassisch als Anwältin in einer großen schwedischen Kanzlei.

„Kira erzählte mir, wie die Welt der Anwälte funktioniert und dass Unternehmen unter der mangelnden Parität mit ihren rechtlichen Grenzen litten“, sagt Beck-Friis. Auch sie habe das Gefühl gehabt, es fehlte an einer einfachen Lösung für Unternehmen, jegliche rechtlichen Angelegenheiten mit niedrigen Hürden und zeitsparend zu klären.

Den Weltmarkt im Blick

Also entwickelten Unger und Beck-Friis eine eigene All-in-one-Plattform. „Wir haben eine Plattform geschaffen, die es Unternehmen ermöglicht, alle rechtlichen Themen an einem Ort zu erledigen“, sagt Unger. Die Software-as-a-Service-Plattform verfügt über eine große Vorlagensammlung für die verschiedensten Bereiche: HR, Datenschutz, Handel, Corporate.

Die Konkurrenz von Mitbewerber:innen scheint allerdings heute nicht gerade gering. Allein bei OMR-Reviews sind über 50 ähnliche Legal-Tech-Anbieter:innen als Alternativen aufgelistet. Contract Works, Condecco, Gatekeeper, Zefort. Dann gibt es zum Beispiel noch Gaia-X, das 2022 als Software-as-a-Service-Produkt in Berlin gestartet ist. Oder Legisway, das sich jedoch konkret an Unternehmensjuristen richtet – und damit an Menschen, die bereits das nötige rechtliche Know-how besitzen.

Was Pocketlaw vor allem von anderen Anbieter:innen unterscheidet, ist die globale Ausrichtung. Pocketlaw ist in Schweden, Großbritannien und Norwegen verfügbar, seit März 2023 auch in Deutschland. Vertragsvorlagen gibt es darüber hinaus für die USA, Spanien, Frankreich, Dänemark und die Niederlande.

Ein Dashboard für das gesamte Team

Content, der nicht von allen Legal-Tech-Plattformen angeboten würde, erzählen die Gründerinnen. Durch die Speicherfunktion auf der Plattform können Dokumente innerhalb von Interessengruppen ausgetauscht und bearbeitet werden. Es ist also praktisch ein Dashboard für das gesamte Team.

Werden die To-dos komplexer, können externe Anwält:innen als Support hinzugezogen werden. Pocketlaw verfügt über verschiedene Preispakete. Es gibt eine Free Version, die Bezahlversion startet ab rund 6.000 Euro jährlich. Insgesamt kommt Pocketlaw heute auf 6.000 Kund:innen, darunter knapp 600 zahlende.

Zielgruppe sind für Pocketlaw vor allem zwei verschiedene Arten von Unternehmen. Die Startups, die gerade wachsen und Zugang zu allen rechtlichen Belangen benötigen. Genau wie die mittelständischen Unternehmen mit mehreren Standorten, die einen effizienten Weg brauchen, um ihre Organisation zu verwalten. Klar ist: Vor allem Startups stoßen von Beginn an auf verschiedene Hürden, was rechtliche Themen angeht. „Sie wissen, dass sie weder Zeit noch Geld für rechtliche Fragen haben. Das bringt Startups in eine wirklich verwundbare Position“, sagt Beck-Friis.

Ein Beispiel: der Arbeitsvertrag. Ein rechtliches Thema, das jede einzelne Person betrifft, die als Mitarbeitende eingestellt wird. Häufig würden Startups nicht die richtigen Verträge für ihre Mitarbeitenden verwenden, sagen die Gründerinnen. Darunter Verträge, die nicht mehr aktuell sind oder in denen Klauseln fehlen, die es zum Schutz des Unternehmens braucht. Auch bei Berater:innen- und Handelsverträgen würden häufig Fehler gemacht werden, sagt Beck-Friis.

Zur Rechtsberatung greifen? Nicht immer eine gute Idee, finden die Gründerinnen. „Es gibt so viele rechtliche Themen. Wenn ein junges Startup dafür eine externe Kanzlei beauftragt, kann es extrem teuer werden“, sagt Unger. Die Folge: Die Kosten können nicht gedeckt werden. „Das bedeutet, dass es sich eher lohnt, rechtliche Risiken einzugehen – wie die Zahlung eines Bußgeldes.“

Gerade frisch nach der Gründung nehmen Investor:innen das Startup genau unter die Lupe. Dann sollten die Kund:innenverträge an Ort und Stelle sein, das Unternehmen schützen und effektiv für dieses sein. „Und wenn man all das beachtet, dann ist es trotzdem völlig unorganisiert“, sagt Beck-Friis. Hier eine E-Mail, da eine lokale Liste. „Man verbringt dann viel Zeit damit, nach Dingen zu suchen. Das ist ein großes Risiko.“

Zeit und Kosten sparen

Das Erstellen eines Arbeitsvertrags soll laut Gründerinnen auf Pocketlaw circa zwei Minuten dauern. Kund:innenerfahrungen hätten gezeigt, dass Prozesse durch Pocketlaw um das Fünffache beschleunigt würden. Geschätzt spart das im Durchschnitt jährlich ungefähr 30 Arbeitswochen und rund 90.000 Euro an Kosten für die Rechtsberatung ein.

Dennoch sind sich die Gründerinnen sicher, dass die klassischen Anwälte immer ihre Berechtigung haben werden. „Die Frage ist nur, wofür man die klassischen Kanzleien nutzt“, sagt Unger. Werden die Fälle komplexer, oder geht es um eine Klage, sind die klassischen Anwält:innen unverzichtbar.

Im März hatte Pocketlaw seinen offiziellen Launch in Deutschland. Verantwortlich ist dort Max von Schönfeld. Wie Unger ist er von Haus aus Rechtsanwalt. „In Deutschland sind gerade vor allem Startups unsere Kunden, unser Ziel ist es aber, auch hier den Mittelstand zu bespielen“, sagt von Schönfeld. Dafür hat er sich bereits ein kleines Team aufgebaut. „Wir haben von Anfang an realisiert, dass jedes Unternehmen auf der ganzen Welt das gleiche Problem hat. Dieses wollen wir für alle lösen“, sagt Beck-Friis.

„Und Westeuropa, vor allem Deutschland, hat den wichtigsten Markt.“ Außerdem habe der deutsche Markt für Pocketlaw zwei Vorteile. „Deutschland hinkt mit der Digitalisierung etwas hinterher. Das bietet uns die fantastische Gelegenheit, den Unternehmen wirklich zu helfen“, sagt Beck-Friis. Außerdem würde ihnen die strenge Regulierung in die Karten spielen. Damit hat Pocketlaw also einen Markt mehr erschlossen, der vielversprechend wirkt. Die große Vision: rechtliches Know-how demokratisieren – überall auf der Welt.

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