Innovation & Future „Künstliche Sonne“ aus China – Fusionsreaktor bricht Rekord

„Künstliche Sonne“ aus China – Fusionsreaktor bricht Rekord

Es ist wie so oft beim Thema Kernfusion: Die Zahlen gehen über alles hinaus, was wir uns vorstellen können. Der Experimental Advanced Superconducting Tokamak (EAST) in der Stadt Hefei in Ostchina hat eine Temperatur von 70 Millionen Grad Celsius erreicht. Und die Temperatur 1056 Sekunden lang aufrecht erhalten.

Das ist fünfmal so heiß wie unsere schon sehr heiße Sonne. Und der Vergleich mit der Sonne macht auch deswegen Sinn, weil Kernfusionsreaktoren so etwas wie künstliche Sonnen sind. Sie versuchen auf eine Art Energie zu gewinnen, die der im Inneren von Sternen ähnelt.

Kommt jetzt der Fusionsstrom für die Energiewende?

Nein, aber es ist ein wichtiger Schritt auf dem langen Weg zu sauberer und sicherer Energie aus Kernfusion. Denn auch wenn 17 Minuten nicht so spektakulär klingen wie 70 Millionen Grad, sind sie hier das Bemerkenswerte.

So lange hat das Experiment die Temperatur nämlich halten können. Und das ist wichtig, um einen kommerziellen Reaktor möglich zu machen. Bisher lag der Rekord bei 390 Sekunden. Erreicht hatte ihn 2003 ein Reaktor in Frankreich.

Hat China bei der Kernfusionusion die Nase vorn?

Kernfusion ist technologisch so anspruchsvoll, dass sich Forscher:innen international vernetzen müssen, um weiterzukommen. In Südfrankreich entsteht gerade ein Forschungsprojekt von historischen Ausmaßen namens ITER. Auch die Ergebnisse aus China sollen dem Aufbau von ITER helfen.

An dem Experiment sind alle Staaten der EU, die USA, China, Russland und weitere beteiligt. Auch hier ist keine Energieerzeugung geplant, sondern ITER dient der Demonstration, dass überhaupt ein Fusionskraftwerk möglich ist.

Wieso dauert das alles so lange?

Die Idee der Kernfusion ist gar nicht neu. Das Konzept des sogenannten Tokamak, mit dem auch das chinesische Team arbeitet, stammt aus Zeiten der Sowjetunion. Vereinfacht ausgedrückt, scheitert alles bisher an der Energiebilanz.

Denn damit die Fusionsreaktion startet, muss erst mal sehr viel Energie investiert werden. Und bisher ist es nie gelungen, dass am Ende wieder mehr entsteht. Genau das wäre aber die Vorraussetzung für einen Reaktor auf kommerzieller Basis. Ein Kraftwerk soll schließlich Energie erzeugen, nicht verschlucken.

Warum macht Kernfusion Hoffnung für die Zukunft?

Anders als bisherige Kernkraftwerke, bei denen Atome gespalten werden, basieren Fusionsreaktoren auf dem Verschmelzen von Wasserstoffteilchen. Das hat viele Vorteile:

Die Rohstoffe sind relativ unkompliziert verfügbar. Und weil die Fusion, wenn sie erst mal in ausreichender Größenordnung gelingt, extrem viel Energie freisetzt, braucht man auch nicht viel davon.

Deswegen entstehen auch nur sehr geringe Mengen an radioaktiven Abfällen. Die sind nicht vergleichbar mit denen aus heutigen Kernkraftwerken, sondern eher mit medizinischen Anlagen wie zum Beispiel Röntgengeräten.

Und außerdem: Die Klimabilanz der Fusionskraftwerke wäre extrem gut. Schließlich werden hier keine fossilen Brennstoffe verbrannt und es entstehen auch keine klimaschädlichen Gase wie bei fossilen Brennstoffen.

Wie sieht es hierzulande aus?

Auch deutsche Forscher:innen leisten wichtige Beiträge. In Greifswald an der Ostsee steht eine wichtige Forschungsanlage mit dem Namen Wendelstein 7-X. Sie arbeitet mit extrem starken Magneten wie auch das Team aus China.

Eine alternative Technologie verfolgt das Startup Marvel Fusion. Es arbeitet nicht mit Magneten, sondern mit Lasern. Dabei werden die Teilchen nicht durch die extreme Hitze zum Verschmelzen gebracht, sondern durch die Geschwindigkeit der Laser. In diesem Artikel findet ihr mehr Details und Hintergründe.

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