Green & Sustainability Das Startup Planetics plant einen Nachhaltigkeits-Score für Sportklamotten

Das Startup Planetics plant einen Nachhaltigkeits-Score für Sportklamotten

Schon mal versucht, im Internet Sportklamotten zu kaufen, die mehr Hinweise auf Nachhaltigkeit enthalten, als dass sie zu 84 Prozent aus recyceltem Polyester bestehen? Ist tatsächlich gar nicht so einfach. Denn nachhaltig ist nicht gleich nachhaltig. Und green bedeutet nicht auch clean.

Die drei Münchener Gründer Raphael Breitner, Fabian Hörst und Alexandros Taflanidis haben dafür eine Lösung: Planetics, ein Onlinemarktplatz für nachhaltige und faire Sportartikel. Zu kaufen gibt es Kleidung, Equipment und Nutrition-Produkte. Gelistet werden ausschließlich Produkte von Marken, die den Auswahlkriterien der Gründer entsprechen. Das soll von Herstellern absolute Transparenz zum Produkt, zur Produktion und zum Unternehmen erfordern. Und: Den Anforderungen können meist nur kleine Marken nachkommen.

Dieser Artikel stammt aus unserem aktuellen Dossier Green Biz – wie die Wirtschaft auf nachhaltige Lösungen und Wege in die Zukunft setzt

Wo werden die Sportartikel produziert? Werden entstandene CO-Emissionen ausgeglichen? Werden faire Löhne bezahlt? All das sind Fragen, deren Antworten man online nur mit viel Rechercheaufwand findet – wenn überhaupt. Das ist anstrengend, nimmt den Spaß am Shoppen. Zu diesem Ergebnis führte auch eine Umfrage, die Planetics vor der Gründung durchführte. Sie brachte noch eine weitere Erkenntnis: Viele sind für das Thema Nachhaltigkeit bei Sportartikeln noch gar nicht sensibilisiert.

Nachhaltig oder nicht nachhaltig? Das ist hier die Frage

Breitner, Hörst und Taflanidis nehmen Kunden diese kleinteilige Recherchearbeit ab. Sie bewerten die Materialien, Lieferketten und Löhne von Herstellern, die ihre Ware auf der Platform Planetics verkaufen wollen. So verdient recyceltes Material aber beispielsweise nicht automatisch auch den Stempel „nachhaltig“ oder rechtfertigt einen höheren Preis. „Vieles ist Marketing“, sagt Taflanidis. „Wie kann eine Kollektion aus Plastikflaschen eine limitierte Edition sein? Es gibt genug Plastik in den Meeren.“ Bei Planetics geht dieser mittlerweile bewährte und beliebte Marketinggriff nicht durch.

Bei der Bewertung stoßen die drei Gründer langfristig allerdings auf ein Problem: die Messbarkeit. Jedes Unternehmen definiert Nachhaltigkeit anders. Momentan lassen sich Breitner, Hörst und Taflanidis zeigen, wo Hersteller ihre Waren produzieren, achten auf Siegel. Doch auch nicht alle Siegel garantieren Nachhaltigkeit und Fairness bei jedem einzelnen Produktionsschritt. Wasserverbrauch, CO, Mikroplastik, verwendete Chemikalien: All diese Faktoren sagen etwas über die Nachhaltigkeit eines Produkts aus. Diese miteinander zu vergleichen, sie ins Verhältnis zu setzen und anhand dessen zu entscheiden, welche Marken ins Portfolio aufgenommen werden, ist eine schwierige Aufgabe.

Ein Highscore für die Nachhaltigkeit

Die Lösung für die drei Gründer besteht in einem Nachhaltigkeitsindex. Einem Äquivalent zum Nutri-Score für Lebensmittel. Dafür werden die verschiedenen Dimensionen, die ein Produkt nachhaltig machen, zusammengeführt und gewichtet. Am Ende steht eine Zahl. Mit deren Hilfe könnten Kunden auf einen Blick nachvollziehen, wie nachhaltig und fair ein Produkt tatsächlich sei. Je nachdem, wie ein Produkt laut dem Score abschneidet, wird es auf Planetics gelistet oder nicht – so der Plan in der Theorie. Denn auch auf Planetics werden keine Sportartikel verkauft, die nur zu 100 Prozent nachhaltig sind. „Da müssten wir alle nackt rumlaufen“, sagt Breitner.

„Irgendwann kommt man nämlich an den Punkt, an dem man nachhakt, mit welchem Strom eine Fabrik betrieben wird.“

Raphael Breitner

Um den Score zu entwickeln, hat sich Planetics mit der Universität Bayreuth zusammengeschlossen. Dafür haben Breitner, Hörst und Taflanidis einen Projektplan entwickelt, wie der Nachhaltigkeitsindex zustande kommen soll. Grundlagen und Analysen werden von Master-Studierenden eines Projektseminars erörtert. Die Daten selbst kommen dann später von Planetics und den Partnermarken.

Von Klamotten bis Equipment: Auf Planetics entsprechen alle Artikel nachhaltigen Faktoren. ©Planetics

„Das wird ein jahrelanger Prozess sein“, sagt Breitner. „Wir werden versuchen, möglichst bald mit einer Version online zu gehen, die dann konstant verbessert wird. Irgendwann kommt man nämlich an den Punkt, an dem man nachhakt, mit welchem Strom eine Fabrik betrieben wird.“ Auch langfristig will das Startup aus München mit Universitäten zusammenarbeiten. Man plant aber auch, ein dezentrales Sustainable-Team aufzubauen, um intern genügend eigene Expertise zu haben.

Der Score ist nicht nur wichtig für den Endverbraucher, sondern auch als Alleinstellungsmerkmal im Marketing: Planetics will sich damit laut Hörst von anderen Nachhaltigkeitsplattformen wie Avocadostore besser abheben. Und auch für die Gespräche mit Investoren taugt der wissenschaftliche Ansatz als Abhebung von vielen anderen, die für die Mission schwitzen: Planetics ist noch in der Finanzierungsphase. Mal sehen, welcher VC hier demnächst die volle Punktzahl gibt.


Es ist wieder soweit: Unsere neue Ausgabe ist da. 172 druckfrische Seiten mit einer Menge Storys und Persönlichkeiten zum Dossier-Thema „Green“. Außerdem: Wie ein Podcaster eine eigene Pasta-Sorte schafft, wie ein Gründer:innen-Netzwerk in Südafrika Artenschutz vorantreibt und wie David Brunier die am schnellsten wachsende Kaffeekette der Welt baut. Ab zum Kiosk oder zum Aboshop.

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