Leadership & Karriere 7 nervige Digitalnomaden, die jeder kennt

7 nervige Digitalnomaden, die jeder kennt

So vom Bürosessel aus wirkt Digitalnomadentum schnell mal wie ein ewiges Erasmusjahr: Sonne, Drinks, viel nackte Haut, geiles, ortsunabhängiges Lifestyle-Business? Keine Sorge, die Realität sieht ein klein bisschen anders aus: Die meisten arbeiten wahnsinnig viel, um sich diesen Lebensstil leisten zu können. Untereinander herrscht eher Arbeitskollegen-Atmosphäre. Man trifft sich ja meistens an denselben fünf Orten immer wieder, und das ist jetzt auch nicht immer nur ein uneingeschränkter Grund zur Freude. Um es mal mit Sartre zu sagen: Die Hölle, das sind die anderen. Und die sind immer gleich: Egal ob Tarifa, Chiang Mai, Bali oder Berlin – diese Digitalnomaden trifft man auf jedem Meet-up.

Der Vegan-Spirit-Junkie

Digitalnomaden1Kim, Anfang 30, ist extrem drahtig, hat kurze Haare und eigentlich nie was anderes als krachbunte, multifunktionale Yogaklamotten an, aber Batik passt ja irgendwie immer. Besonders auf Bali, ein Ort, den er inzwischen nur noch selten verlässt. Hier kann man einfach so gut vegan essen!

„Meine letzte Healing Session hier war echt megaintensiv. Seitdem bin ich mit mir selbst und der Welt wirklich total im Einklang. Außer jemand ISST FLEISCH!!!! DANN MUSS ICH DAS SOFORT AUF FACEBOOK POSTEN UND MICH TOTAL AUFREGEN!!!! WACHT AUF LEUTE! WIE KÖNNT IHR KUHMILCH TRINKEN? IHR WÜRDET DOCH AUCH KEINE MENSCHENMILCH TRINKEN!!!!!!! Ich hoffe, mein Lifecoach hat spontan Zeit für ein Channeling über Skype, das sind mir echt zu viele schlechte Vibes hier. Für jemanden, der so sensible Antennen hat wie ich, sind die negativen Energien dieser Welt manchmal wirklich nur schwer zu ertragen. Also schnell ein Sundownerselfie vom Yoga am Strand auf Instagram posten: #innerjourney #choosefreedom #digitalnomad #99problemsbutabeachaintone. 50 Likes in fünf Minuten, puh, jetzt geht’s wieder. Ist eben alles im Leben eine Frage der Balance.“

Der Betahaus-Heimscheißer

Betahaus

Daniel, 36, trägt Edel-Streetwear – hellblaues Hemd, gute Jeans, Holzbrille. Er interessiert sich außerdem sehr für Craft Beer und Kaffeekultur, ein richtiger Connaisseur eben. Nachdem er weiß, dass ein gutes Netzwerk das Allerwichtigste ist, lässt er keines aus.

„So Digitalnomaden-Meet-ups finde ich echt total inspirierend – solange sie in Berlin stattfinden, versteht sich. Klar fahr ich auch manchmal ganz gerne weg. Erst letzten April war ich zum Beispiel mehrere Tage an der Mecklenburgischen Seenplatte! Da war es echt auch ganz schön, aber das Wi-Fi ist da halt schon eher beschissen. Ich liebe meine Freiheit, aber hier in Berlin hat man auch einfach alles, was man braucht: geile Startup-Community, super Skillshares, und den Flat White sollen die anderswo halt auch erst mal so hinbekommen. Klar nerven mich diese ganzen Facebook-Updates vom Laptop am Strand manchmal. Aber für mich bedeutet Digitalnomadentum eben auch: Ich könnte – wenn ich denn mal wirklich wollte.“

Das DNX-Opfer

DNXLisa, 22, Federohrringe, lange, blonde Strähnchen, freut sich mega, wenn es Banana Pancakes zum Frühstück gibt. Da kommt sofort Fernweh! Wie auch beim Besuch der Digitalnomandenkonferenz DNX. Das Leben ist einfach besser in Flipflops, deswegen trägt sie die auch daheim ständig, aber in Südostasien war sie auch schon mal.

„Ganz ehrlich, dass Germanistik auf Lehramt nicht meine wahre Berufung ist, wusste ich eigentlich schon in der Einführungslehrveranstaltung. Jetzt im dritten Semester ist mir klar: Da muss doch noch mehr im Leben sein – ich werde Reisebloggerin! Hätte das Universum gewollt, dass wir unser Leben an einem Ort verbringen, hätte es uns ja wohl Wurzeln gegeben anstatt Füße und keine Billigflieger erfunden, oder? Solche superinspirierenden Insights NICHT mit der Welt zu teilen wäre ja sozusagen unterlassene Hilfeleistung. Hat jemand in einer Keynote auf der letzten DNX gesagt! Jetzt nur noch schnell mein Coachingpaket mit Retreat, E-Book und den 27-teiligen Onlinekurs ‚Weisheit auf Reisen‘ entwickeln, dann werde ich damit bestimmt auch ganz schnell reich!“

Der Dynamite-­Circle-Jerk 

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Mike, 31, trainiert, gegelte Haare, Boardshorts, dazu Budapester und „Dynamite Circle“-T-Shirt, um zu zeigen: Er kann sich die 30 Dollar monatliche Membership-Fee des Netzwerks für „location independent entrepreneurs“ leisten. Vorkommen: vor allem in Chiang Mai.

„Occupation/yearly income? Ich kreuz da jetzt mal ,rather not say‘ an, nech? Geht grob so Richtung Dropshipping und Affiliates und ein bisschen was mit Bitcoins, aber dir das in allen Einzelheiten zu erklären wär jetzt doch zu kompliziert, Baby. Zerbrich dir da mal nicht dein hübsches Köpfchen, was zählt, ist doch: Ich kann mir all das hier leisten, einfach der Wahnsinn, oder? Eigentlich hätte ich mich längst zur Ruhe setzen können, aber ich liebe einfach den Hustle, workhardplayhard, verstehste? Stehen die Mädels hier in Asien total drauf. Nur für die im Rest der Welt musste unsere Entrepreneurs-Gang neulich einen internen Thread eröffnen: ‚Was können wir tun, um weibliche Mitglieder nicht mehr ganz so zu vergraulen?‘ Ich sach mal so: Die sind vielleicht auch einfach grundsätzlich ein bisschen humorlos und frigide. Uns sollten die lieber als Growth Opportunity sehen und eben noch ein bisschen an sich arbeiten.“

Die Wanderhure (M/W) 

Digitalnomaden5Marcelo, 34, hat selten mehr als einen kunstvoll um seine Hüften geschlungenen Pareo an, dadurch kommen sowohl seine zahlreichen Tattoos als auch sein Manbun mit Undercut umso besser zur Geltung. Ins Coworking schafft er es eher selten – „gestern zu viel geraucht …“ – aber zum Sundowner am Strand ist er garantiert mit seinen Feuer-Poi am Start. Natürlicher Lebensraum: alle Hippiestrandkäffer dieser Welt – Goa, Pipa, Santa Teresa.

„Ich kann im Nachhinein gar nicht mehr glauben, dass ich jahrelang all mein unerwecktes sexuelles Potenzial an meinen ignoranten Expartner verschwendet habe! Fernab der Heimat kann ich mich jetzt echt wesentlich besser fallen lassen und endlich mal ausprobieren und dabei auch meinen eigenen Körper besser kennenlernen – und dann noch den von halb Brasilien, Thailand und Südafrika … Tinder wurde ursprünglich ja auch als Social-Discovery-App entwickelt. Für mich ist das eben auch eine ganz tolle Möglichkeit, fernab vom Massentourismus in Kontakt mit den Einheimischen zu kommen! Da lernt man so ein Land ja wirklich noch mal von einer ganz anderen Seite kennen.“

Der Rudelnomade 

Rudel

Sandra, 33, Pferdeschwanz, Multifunktionskleidung, hat ihr Hamsterrad in der Stadtsparkasse Böblingen endgültig hinter sich gelassen und bastelt auf Bali im Coworking-Space Hubud fleißig an ihrem Onlinekurs. Ohne die Community und ihre Lieblingsblogs hätte sie sich das nie getraut!

„Ich liebe meinen Tribe! Mit meinen alten Freunden aus Böblingen habe ich den Kontakt inzwischen weitestgehend abgebrochen. Die kommen einfach nicht mehr mit bei dieser unglaublichen persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung, die ich in den letzten Monaten so durchgemacht habe! Tim Ferriss hat ja gesagt, wir sind die Summe der fünf Menschen, mit denen wir uns umgeben, und seit ich hier im Hubud bin, bin ich folgerichtig: total schön. Wir umarmen uns jeden Tag mehrmals neun Minuten lang, denn erst dann wird die benötigte Tagesdosis Serotonin freigesetzt – geiles Biohacking, oder? Gleich mal in unsere Whatsapp-Gruppe ‚Ubud Tribe‘ posten, wo wir uns zum Abendessen treffen. In letzter Zeit bilden sich immer wieder so kleinere Grüppchen, die auch mal was einzeln unternehmen wollen, da muss man unbedingt gegensteuern“.

Die Geo-Arbitrage-Geige 

GeoDennis, 29, „Singha Beer“-Achselshirt, auf den ersten Blick nicht wesentlich von einem Proll-Thailandtouristen zu unterscheiden – wären da nicht das Macbook Air und seine konsequent leicht entnervte Art. Bevorzugter Arbeitsort: das KoHub auf Koh Lanta, da hat man ja alles, was man braucht.

„Ich hab mir jetzt für ein paar Tage mal ein besseres Hotel gebucht, im letzten hab ich mir Bettwanzen geholt – scheiß Dritte Welt! Lohnt sich jetzt aber eigentlich auch richtig, mit dem Frühstücksbüfett. Ich hab immer Zipbeutel dabei, dann kann man sich noch was einpacken für später, total praktisch. Das Schöne an Thailand ist ja, dass man hier an jeder Straßenecke für weniger als einen Euro eine komplette Mahlzeit bekommt! Ich hab den Einheimischen jetzt auch echt mal klar gemacht: Come on, Im not a tourist. Ich bin einer von euch! Also, nur mit Macbook eben. Mein Virtual Assistant Pradeep, den ich über Fiverr gefunden habe, sieht das genauso. Echt schön, wie die Welt mehr und mehr zusammenwächst. Nur so ein richtig schönes deutsches Hefeweizen, das vermiss ich manchmal. Kostet hier halt importiert so viel wie vier Teller Fried Rice, die sind ja wohl verrückt!“

 

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