Versäumter Arzttermin? Das könnte bald richtig teuer werden!
Wer seinen Arzttermin verschläft, muss künftig möglicherweise tief in die Tasche greifen. Ärzteverbände fordern Strafgebühren von bis zu 100 Euro für Kassenpatienten, die unentschuldigt fernbleiben. Das Problem nimmt dramatische Ausmaße an: Bereits jeder fünfte vereinbarte Termin wird nicht wahrgenommen – mit erheblichen Folgen für das ohnehin überlastete Gesundheitssystem.
Die Zahlen sind alarmierend. Mittlerweile werden zehn bis 20 Prozent der Arzttermine nicht mehr wahrgenommen, so Kassenärzte-Chef Andreas Gassen gegenüber der „Bild“-Zeitung. Was für viele Patienten vielleicht nur eine Kleinigkeit ist, entwickelt sich für Praxen zum ernsthaften Problem. Besonders betroffen sind offenbar Facharztpraxen und Kinderärzte, wo die Terminkalender ohnehin übervoll sind.
Die Begründungen der Patienten klingen dabei oft erschreckend banal. Uwe Kraffel, Vorstand des Deutschen Facharztverbandes, berichtet von typischen Ausreden: „Man bekommt zunehmend die Rückmeldung: Das habe ich vergessen. Oder: Ich bin um 12 Uhr aufgewacht und habe festgestellt, ich hatte ja um 11 einen Termin.“
Bis zu 100 Euro Strafgebühr im Gespräch
Die Forderungen der Ärzteschaft sind eindeutig. Jakob Maske, Vorstand des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte, plädiert für klare Konsequenzen: „Eine Ausfallgebühr für nicht wahrgenommene Arzttermine ist sinnvoll. Um Patienten dafür zu sensibilisieren, wäre ein Ausfallhonorar von bis zu 100 Euro, je nach Länge des vorgesehenen Termins, erforderlich.“
Einige Mediziner haben bereits Fakten geschaffen. Nach Informationen der „Kieler Nachrichten“ verlangt beispielsweise ein Zahnarzt in Kiel bis zu 100 Euro von Patienten, die ihren Termin ohne Absage versäumen. Auch unter Kinderärzten setzt sich diese Praxis zunehmend durch.
Kassenärzte-Chef Gassen schlägt eine moderatere Variante vor: „Eine sogenannte No-Show-Gebühr in Höhe von zehn bis 20 Euro, die heutzutage in fast allen Lebensbereichen üblich ist, sollte daher erhoben werden und von den Krankenkassen zu zahlen sein.“ Sein Argument: Es sei „nicht sinnvoll, Patienten jede Verbindlichkeit zu ersparen“.
Politik signalisiert Unterstützung
In politischen Kreisen stoßen die Forderungen auf offene Ohren. Schleswig-Holsteins ehemaliger Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) formuliert es drastisch: „Wer den Griff zum Telefon nicht schafft, um einen Arzttermin abzusagen, der muss dann eben eine Ausfallgebühr zahlen.“
Auch aus der CSU kommt Rückendeckung. Klaus Holetschek, Fraktionschef in Bayern und Gesundheitsexperte, betont die Wertigkeit ärztlicher Ressourcen: „Solange die Ressource Arztbehandlung knapp ist, muss deutlich werden, dass ein Termin eine Wertigkeit besitzt. Deshalb ist eine Gebühr bei Nicht-Erscheinen ohne wichtigen Grund ein Vorschlag, über den man nachdenken kann.“
Verbraucherschützer fordern klare Regeln
Nicht alle begrüßen die Initiative uneingeschränkt. Die Verbraucherzentrale mahnt zur Vorsicht und fordert „konkrete, rechtssichere Regeln, wann und in welcher Höhe Ausfallhonorare zulässig sind“. Bislang entscheiden Gerichte nach Einzelfall, was für alle Beteiligten erhebliche Rechtsunsicherheit bedeutet.
Kulturwandel oder Abzocke?
Die Debatte wirft grundsätzliche Fragen auf: Braucht es finanzielle Sanktionen, um Verantwortungsbewusstsein zu fördern? Oder führen Strafgebühren zu einem Zwei-Klassen-System, in dem sich Privatpatienten Unzuverlässigkeit leisten können, während Kassenpatienten zur Kasse gebeten werden?
Die aktuelle Situation ist unhaltbar. Wenn jeder fünfte Termin ungenutzt bleibt, verlängern sich Wartezeiten für alle Patienten dramatisch. Gleichzeitig fehlen den Praxen Einnahmen, während Kosten für Personal und Infrastruktur weiterlaufen. Die Einführung von Ausfallgebühren könnte ein wirksames Instrument sein, um das Bewusstsein für die Kostbarkeit medizinischer Ressourcen zu schärfen – vorausgesetzt, die Regelungen sind fair, transparent und sozial ausgewogen.
Quelle: Bild.de