Tradwife vs. 4B – Wenn Internet-Feminismus zur Reality-Soap wird
Zwei Bewegungen, ein gemeinsamer Nenner: das Internet liebt Extreme. Während „Tradwives“ auf Instagram das perfekte Hausfrauen-Idyll inszenieren, sagen die 4B-Frauen: Männer? Brauchen wir nicht. Eine neue Studie zeigt, warum diese Pole so viral gehen – und was das über unsere Zeit sagt.
Wer dachte, die Gleichstellung der Geschlechter sei eine gerade Straße Richtung Fortschritt, der war wohl noch nie auf X (ehemals Twitter), Reddit oder in den Tiefen des konservativen Influencergrams unterwegs. Denn das Netz ist gerade der Schauplatz eines popkulturellen Culture Clashes, wie ihn selbst Netflix nicht besser schreiben könnte: Auf der einen Seite die „Tradwives“, Frauen, die stolz das Haus hüten, Kinder hüten und Werte hüten – meistens in pastellfarbenem Leinen und perfekt ausgeleuchtetem Morgenlicht. Auf der anderen Seite: die 4B-Bewegung aus Südkorea, die vier Dinge komplett ablehnt – Heiraten, Dating, Sex und Kinderkriegen. Danke, aber nein danke, sagen diese Frauen. Und meinen’s ernst.
Eine aktuelle Social Listening-Studie von UNICEPTA analysierte das digitale Gerangel zwischen diesen beiden Frauenversionen und das Ergebnis liest sich wie eine Abrechnung mit toxischer Nostalgie und dem Frust moderner Selbstermächtigung. Spoiler: Es geht um viel mehr als nur um Retro-Kleider oder Männerhass.
Tradwife: Wenn der Feminismus zur Filterblase wird
Der Hashtag #Tradwife boomt. Und das, obwohl (oder gerade weil?) sich hinter dem Begriff ein fast schon karikaturhaftes Frauenbild versteckt: Sie liebt Jesus, hasst Steuern und macht Sauerteigbrot aus Überzeugung. Klingt harmlos. Doch hinter dem Ideal steckt häufig rechte Ideologie in hübscher Verpackung. Die Influencerinnen dieser Bewegung – viele davon selbsternannte Stay-at-Home-Moms mit sechsstelligen Followerzahlen – präsentieren ein Leben jenseits staatlicher Fürsorge und sozialer Realität.
Der Clou: Die lautesten Stimmen im Tradwife-Diskurs sind gar nicht unbedingt deren Fans, sondern deren Kritiker:innen. Besonders beliebt ist es, sich über den Widerspruch lustig zu machen, dass viele Tradwives eben doch arbeiten – als Influencerinnen. Willkommen im Meta-Feminismus 2.0, wo die Hausfrau zur Brand wird und das Patriarchat via Affiliate-Link monetarisiert.
4B: Der Big Breakup mit dem Patriarchat
Die 4B-Bewegung ist alles andere als subtil: Keine Männer, nirgendwo. Gegründet aus Frust über gesellschaftliche Zustände – Stichwort Abtreibungsverbote, Trump-Wiederwahl, „Project 2025“ – ist sie ein radikaler feministischer Gegenentwurf. Kein Dating, kein Sex, kein Kinderkriegen, keine Ehe. Klingt wie ein Protest – ist es auch. Aber auch hier gilt: Die lautesten im Netz sind nicht die Mitstreiterinnen, sondern die Gegner. Besonders konservative Männer laufen Amok – zwischen Spott („Sexstreik!“) und Darwin-Argumenten („Die löschen sich ja selbst aus“). Gleichzeitig feiern viele die Bewegung als Befreiungsschlag: Weg von toxischer Männlichkeit, hin zu weiblicher Selbstgenügsamkeit. Endlich keine Kompromisse mehr. Endlich keine Männer mehr, die einem erklären, was man fühlen soll. Aber auch hier: Zwischen Empowerment und Eskapismus ist die Grenze fließend.