Keine Rente mit 63: Warum Palmers radikaler Vorschlag mehr Sinn macht als gedacht
Während die GroKo an der Frührente festhält, fordert der Tübinger OB deren Abschaffung – und trifft damit einen wunden Punkt im deutschen Rentensystem. Angesichts von Fachkräftemangel und demografischem Wandel könnte er recht haben.
Der deutsche Sozialstaat steht vor einem Dilemma. Einerseits schrumpft die Zahl der Beitragszahler, andererseits wachsen die Rentenausgaben. Mitten in diese angespannte Situation platzt Boris Palmer mit einer Forderung, die aufhorchen lässt: Die Rente mit 63 müsse abgeschafft werden – trotz gegenteiliger Pläne der neuen Großen Koalition.
Palmers Frontalangriff auf die Frührente
Bei „Markus Lanz“ nahm der Tübinger Oberbürgermeister kein Blatt vor den Mund: „Wir können uns, obwohl der Koalitionsvertrag es leider nicht korrigieren will, einfach nicht mehr leisten, Prämien zu zahlen, damit 63-Jährige früher in Rente gehen. Und das voll aus dem Bundeshaushalt finanziert.“ Palmer trifft damit einen Nerv in der rentenpolitischen Debatte.
Besonders brisant: Seine Kritik richtet sich direkt gegen die Pläne von Union und SPD, die an der Frührente festhalten wollen. Der Kommunalpolitiker argumentiert mit einem Dreiklang aus demografischen Fakten: Fachkräftemangel, steigende Lebenserwartung und die in Rente gehenden Boomer-Jahrgänge. Diese Kombination mache die Beibehaltung der Frührente-Regelung unhaltbar.
Was hinter der „Rente mit 63“ wirklich steckt
Die populäre Bezeichnung „Rente mit 63“ ist eigentlich irreführend. Tatsächlich können nur Versicherte der Geburtsjahrgänge bis 1952 mit exakt 63 Jahren abschlagsfrei in den Ruhestand gehen – vorausgesetzt, sie haben 45 Beitragsjahre angesammelt. Für jüngere Jahrgänge steigt das Eintrittsalter schrittweise an. Für alle ab 1964 Geborenen müsste man korrekterweise von einer „Rente mit 65“ sprechen.
Daneben existiert die Möglichkeit, nach 35 Beitragsjahren mit Abschlägen früher in Rente zu gehen. Pro Monat vorzeitigen Rentenbezugs werden dabei 0,3 Prozent von der Rente abgezogen – ein lebenslanger Abschlag.