Innovation & Future „Es wird unverändert gefaxt und gedruckt“

„Es wird unverändert gefaxt und gedruckt“

Software-Unternehmer Christoph Theis nimmt in seinem Gastbeitrag den öffentlichen Dienst ins Visier. Er fordert einen Einstellungstopp in Ämter und Behörden. Das würde pro Jahr 30 Milliarden Euro sparen, und die überfällige Digitalisierung vorantreiben.

In Zeiten lärmender Despoten, hüben wie drüben, brauchen wir ein verteidigungsstarkes Europa. Eine Neuverschuldung für Aufrüstung und Infrastrukturthemen ist auch in der vorgelegten Höhe von 500 Mrd. Euro notwendig. Aber sie reicht nicht.

Was es jetzt ebenso dringend benötigt, ist eine Digitalisierung und Entbürokratisierung unserer Verwaltung. Dabei braucht es keine „Kettensägen“. Aber der aufgeblähte Staat – wir haben 5,5 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst- ist nicht mehr funktional. Es wird unverändert gefaxt und gedruckt. Der fortwährende Versuch, die stetig steigende Last an zu verwaltenden Themen mit analogen Mitteln zu bewältigen, scheitert. Unsere Verwaltungsapparate stehen vor dem Zusammenbruch. 16 Jahre Merkel und 3 Jahre Ampel liegen hinter uns. Das sind 19 Jahre digitale Tatenlosigkeit! Die Welt aber ist digital geworden. Die Verwaltung der Bundesrepublik Deutschland ist es nicht.

Keine Neueinstellungen mehr im öffentlichen Dienst!

Im Gegenteil: In der Ampelzeit sind weitere 500.000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst hinzugekommen. Ein Unternehmer würde so nie agieren. Der hätte immer auch die Kosten im Blick. Der würde die Anzahl der Beschäftigten reduzieren, anstatt sie weiter zu erhöhen.

Ein „Einstellungsstopp“ wäre sozialverträglich und hätte ein enormes Einsparpotenzial. Wenn der Staat bis auf Weiteres keine Beschäftigten mehr in den Verwaltungen einstellen würde, sagen wir für die gesamte Legislaturperiode, dann würde das bei einer realistisch angenommenen Fluktuation von 7 Prozent pro Jahr und einer durchschnittlichen Vergütung von 80.000 Euro pro Jahr und Mitarbeiter nach nur einem Jahr 30,8 Milliarden Euro nach Ablauf der Legislaturperiode ganze 287 Milliarden Euro einsparen.

Bürgerorientierung steigern

Neben der Kostensenkung würde ein Einstellungsstopp auch den nötigen Handlungsdruck, also eine Notwendigkeit „digitalisieren zu müssen“ erzeugen. Die Digitalisierung selbst führt zu mehr Bürgerzufriedenheit wie beispielsweise Dänemark zeigt. Dort können Bürger mit ein paar Klicks ihr Auto ummelden. Dort kennt ein Notarzt die Blutgruppe oder mögliche Vorerkrankungen eines Unfallopfers bereits am Unfallort. Und dort erledigt man seine Steuerklärung einfach, selbst und online. Was ein Unternehmer unter Kundenorientierung versteht, sollte eine Politiker unter Bürgerorientierung verstehen.

Die Datenschutz-Scheindebatte überwinden

Wahrscheinlich könnten wir unser Land, bei einem breiten Einsatz von ganz unspektakulärer Software, mit 20 Prozent des heutigen Aufwands verwalten. Und das nicht nur billiger und bürgerorientierter. Sondern auch sicherer! Moderne Cloud-Lösungen, auch aus Deutschland, erfüllen alle Anforderungen an Datenschutz, Sicherheit und kritische Infrastruktur. Diese, den Fortschritt verhindernde Scheindebatte ist von vorgestern und muss endlich überwunden werden.

Mehr Europa, aber bitte weniger Brüssel!

Neben der Digitalisierung ist die „Deregulierung“ der entscheidende Stellhebel. Wir haben Gesetze aus Berlin, und zusätzlich aus Brüssel, die müssen einfach wieder weg oder zumindest in eine für Unternehmen weniger aufwendige Anwendbarkeit gebracht werden.

Das Geldwäsche-Gesetz beispielsweise muss in Form einer Selbsterklärung von fast der Hälfte aller deutschen Unternehmen angewendet werden, obschon mit großer Wahrscheinlichkeit nur im Promille Bereich gegen dieses Gesetz verstoßen wird. Da wäre eine minimalinvasivere Vorgehensweise, die gezielt auf verdächtige Unternehmen zugeht, denkbar und hilfreich.

Gesetze wie das Lieferketten-Gesetz hingegen sollten ganz verschwinden. Wie soll ein mittelständisches deutsches Unternehmen am Ende seiner Lieferkette auf Kinderarbeit in Bangladesch oder den CO2-Footprint auf den Philippinen realistisch Einfluss nehmen? Das ist eine theoretisch sehr schöne Vorstellung, aber sie ist in der Unternehmenspraxis nicht wirklich umsetzbar. Ein solches Gesetz entfaltet keinerlei gewünschte Wirkung und erzeugt bei den Firmen aber einen ganz erheblichen Erfüllungsaufwand. Die reinste „Muda“, würde der Japaner sagen, wenn er über sinnlose Tätigkeiten spricht.

Statt weniger kommen aber ganz im Gegenteil ständig neue Regulierungen hinzu. Bei näherer Betrachtung – denken Sie zum Beispiel an die Mietpreisbremse! –  ist dies Ausdruck eines tiefsitzenden Misstrauens gegenüber marktseitigen Lösungen. Was wir aber benötigen ist das grundsätzliche Gegenteil.

Den Verwaltungsaufwand für die Unternehmen senken.

Ein mittelständisches Unternehmen in Deutschland hat heute im Schnitt 100 gesetzlich regulierte Meldepflichten! Das ist kaum zu glauben. Und auch kaum zu verkraften. Der hierzulande erzeugte Aufwand durch unnötige Regulierungen erhöht die Arbeitskosten derart, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie schon allein durch den strukturellen Kostennachteil kaum mehr möglich ist.

Möge die neue Regierung den Mut zu „Weniger Staat“ haben. Das Land und die Menschen würden es ihr danken. Die Lösungen jedenfalls liegen auf dem Tisch. Eine Organisation mit entsprechenden Befugnissen müsste her. Unternehmerisch geführt, nicht politisch!

Christoph Theis (58) ist Gründer und Geschäftsführer einer deutschen Software- und Technologieberatungsfirma mit mehr als 1000 Mitarbeitenden.

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