Productivity & New Work Wahnsinn oder wahnsinnig clever? Was passiert, wenn Praktikanten gleich die Firma führen?

Wahnsinn oder wahnsinnig clever? Was passiert, wenn Praktikanten gleich die Firma führen?

Kopieren, Kaffee kochen und ein wenig bei Power-Points unterstützen – der klassische Praktikumsalltag? Eileen Liebig, Seriengründerin und Mutter von vier Kindern, geht einen anderen Weg. Als Test übertrug sie zwei Praktikanten in ihrer Firma mal eben die gesamte operative Führung. Radikaler kann New Work kaum sein. In ihrem Gastbeitrag schildert Eileen, wie es dazu kam und wie viel Potenzial in mutigen Arbeitsmodellen steckt.

Mein Unternehmen clap ist „die Wertschätzungs-Lösung für Unternehmen“. Der Name ist dabei bewusst gewählt – es geht wie beim Klatschen um die Wertschätzung für eine bestimmte Person. Das kann ein Kunde sein oder ein langjähriger Mitarbeiter, denen wir für ihre Treue oder ihre herausragenden Leistungen mit einem angemessenen Geschenk und einem Lächeln beim Überreichen einfach danke sagen. Denn mit der Wertschätzung ist es in Deutschland nicht zum Besten bestellt. Das zeigen Studien und Umfragen unter Mitarbeitern in mittelständischen Unternehmen und Konzernen. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten denken zu viele nur an das Geschäft und zu wenig an den Menschen.

Das gilt auch für die Unternehmensführung – und damit komme ich zum „Experiment“, das mir selbst in den vergangenen Tagen und Wochen die Augen öffnete. Wenn wir an Unternehmensführung denken, dann tun wir das in festen Strukturen: Es geht, streng nach dem Lehrbuch der Betriebswirtschaftslehre, um klare Rollen, um definierte Aufgaben, um durchgetaktete Prozesse. Ich war lange selbst dieser Meinung. Doch als sich bei uns personelle Veränderungen ergaben, entschied ich mich für einen Test – der meine Sicht auf Teamarbeit, Verantwortung und Unternehmenskultur total umkrempelte.

Aus der Not geboren

Ich dachte ganz klassisch: „Ich brauche einen Projektmanager, einen Logistiker, jemanden für die Kundenbetreuung.“ Doch in der Realität zeigte sich immer wieder: Bei uns muss jeder alles können – und bereit sein, alles zu tun. Vom Kundencall bis zum Packen der Boxen. Als ich die Möglichkeit bekam, zwei Praktikanten einzustellen, passte allerdings keiner von beiden ins Rollenbild. Ich musste umdenken. Stattdessen ploppte die Frage auf: Warum nicht ein neues Modell ausprobieren? Ich parlierte mit meinem besten Freund Ryan Lott, der das Unternehmen bei Transformationsprozessen begleitet. Der war Feuer und Flamme.

Mir war wichtig, die Praktikanten persönlich kennenzulernen – nicht nur deren Lebenslauf, sondern ihre Motivation. Beide sind Umschüler im E-Commerce. Was sie mitbrachten, war der unbedingte und glaubwürdige Wille, einen neuen Weg einzuschlagen. Und genau diesen Drive hatte ich gesucht. Ich machte ihnen von Anfang an klar: Das Experiment bedeutet Verantwortung, kann Druck erzeugen, ist aber auch eine riesige Chance. Gemeinsam mit Ryan entwickelten wir ein Onboarding, das sicherstellte, dass sie schnell eigenständig arbeiten konnten, ohne überfordert zu sein.

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