Unser blaues Wunder
Magic: Wen wir auch wählen, die Politik bleibt die gleiche.
Einmal in vier Jahren hängen wir nicht vor der Wahlbude rum, qualmen eine und trinken eine Tasse Tee oder Flaschenbier, sondern gehen ganz staatsmännisch hinein und entscheiden über den nächsten Bundestag in unserer schönen Hauptstadt Berlin. Stolze 82,5 Prozent von uns haben das neulich gemacht. Das ist deutlich mehr Volk, als es im europäischen Demokratie-Musterland Schweiz regelmäßig an die Wahlurne treibt.
Wir wählen dabei mal links und mal rechts, wir strafen mal die Mitte ab und manchmal lieben wir sie. Mal entscheiden wir uns für mehr Geld fürs Klima und mal dagegen, mal setzen wir die Regierung danach zusammen, ob die mit dem Geld, was wir ihr überweisen, sorgsam umgehen oder es zum Fenster rauswerfen. Wir legen Schwerpunkte fest, wenn es um die Europapolitik geht oder den Krieg vor der Haustür. Manche von uns wollen einen starken Staat und manche lieber einen, der sich zurückhält. Manche wollen im Alter ihr statalich garantiertes Auskommen haben, andere von uns sind bereit, auch dann noch dazu zu verdienen. Unterm Strich wägen wir wirklich sehr genau ab, wen wir wählen. Oder?
Doch dann passiert unser blaues Wunder: Denn wen wir auch wählen – die Politik bleibt die gleiche. Knappe 30 Prozent von uns haben die Partei eines Friedrich Merz gewählt, der versprochen hatte, die Finanzen in Ordnung zu halten und mit den ständig steigenden Steuereinnahmen sorgsam umzugehen. Stattdessen erklärt er jetzt DIE staatliche Ausgabe par excellence, nämlich die Finanzierung der Infrastruktur, zu seinem besonderen Anliegen, das nur mit außerplanmäßigen Schulden gelingen kann. Das gleiche gilt natürlich auch für die Verteidigung.