Schuldenbremsen-Deal: Steht Merz‘ Milliardenplan vor dem Kollaps?
Die Grundgesetzänderung zur Schuldenbremse könnte an fehlenden Stimmen scheitern. Während Union und SPD Zuversicht demonstrieren, wackelt die nötige Zweidrittelmehrheit im Bundestag.
Friedrich Merz steht vor der ersten großen Bewährungsprobe seiner angestrebten Kanzlerschaft. Mit einem Finanzpaket von historischem Ausmaß will er gemeinsam mit der SPD das Grundgesetz ändern – doch die erforderliche Zweidrittelmehrheit steht auf wackligen Beinen. Ein parlamentarisches Hochrisikomanöver, das den Weg ins Kanzleramt blockieren könnte.
Die Rechnung mit zu vielen Unbekannten
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Union, SPD und Grüne verfügen theoretisch über 31 Stimmen mehr als für die Zweidrittelmehrheit nötig. Doch in der Praxis bröckelt diese komfortable Mehrheit bereits. Bei der Union haben sich mindestens vier Abgeordnete als potenzielle Abweichler positioniert. Der frühere CDU-Generalsekretär Mario Czaja kündigte öffentlich seine Ablehnung an, der Brandenburger Abgeordnete Jens Koeppen wird der Abstimmung fernbleiben. Auch Klaus-Peter Willsch gilt als wahrscheinlicher Gegner des Pakets.
„Morgen wird es eine Grundgesetzänderung geben, die uns die Möglichkeit gibt, die Bundeswehr so auszustatten, wie es dringend notwendig ist“, gab sich CDU-Chef Merz am gestrigen Montag demonstrativ selbstsicher. Doch hinter den Kulissen wächst die Nervosität. Besonders die Aufnahme des Begriffs „Klimaneutralität“ ins Grundgesetz sorgt für Unmut in den eigenen Reihen. Drei weitere Unionsabgeordnete gelten als unentschlossen – ein gefährliches Momentum für Merz‘ Vorhaben.
Grüne Skepsis trotz Verhandlungserfolg
Bei den Grünen zeigt sich ein ähnliches Bild. Zwar loben viele Abgeordnete den Verhandlungserfolg ihrer Fraktionsspitze, doch einige bleiben skeptisch. Die scheidende Berliner Abgeordnete Canan Bayram positioniert sich klar: „Ich werde mit Nein stimmen. Ich kann nicht erkennen, worin die Notlage besteht, wenn die Beschlussfassung am 18. März statt am 25. März erfolgt“, erklärte sie laut „Spiegel“.
Bayram kritisiert nicht nur das Verfahren als „rechtlich und politisch angreifbar“, sondern auch die inhaltlichen Zugeständnisse als unzureichend: „Die 100 Milliarden im Sondervermögen reichen nicht aus, um die Herausforderungen des Klimawandels in Deutschland zu bewältigen. Die Festlegung, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral sein soll, ist in meinen Augen Greenwashing.“
Dennoch rechnet die Grünen-Führung nicht mit massenhaften Abweichlern. Anton Hofreiter zeigt sich zuversichtlich: „Ich gehe davon aus, dass es bei uns eine breite Mehrheit geben wird.“ Zur Sicherheit planen die Grünen am Dienstagmorgen einen Zählappell vor der entscheidenden Abstimmung.
SPD als stabilster Faktor
Die Sozialdemokraten präsentieren sich als verlässlichster Partner im Dreier-Bündnis. SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil spricht von lediglich einem erwarteten Abweichler plus einer krankheitsbedingten Abwesenheit. Generalsekretär Matthias Miersch rechnet mit einer „hohen Zustimmungsquote“ seiner Fraktion.
Selbst der zunächst skeptische SPD-Abgeordnete Brian Nickholz will nun zustimmen: „Für mich ist wichtig, dass das Geld in den Kommunen ankommt.“ Nach der Einigung mit den Grünen falle ihm die Zustimmung leichter. Gleichzeitig warnt er vor einem Scheitern: „Das wäre ein schwerer Rückschlag und eine Stunde null für Schwarz-Rot. Dann fehlt den Koalitionsgesprächen die Finanzgrundlage, der Zeitplan müsste überdacht werden. Bis Ostern würde die Regierung kaum stehen.“
Der riskante Zeitplan
Das Timing des Vorhabens erhöht den Druck zusätzlich. Union und SPD wollen mit den Stimmen des alten Bundestags drei Wochen nach der Wahl das Grundgesetz ändern – ein Vorgehen, das nicht nur bei den Grünen, sondern auch in Teilen der Öffentlichkeit kritisch gesehen wird. Am Freitag soll zudem der Bundesrat über das Milliardenpaket abstimmen.
Das Finanzpaket selbst hat es in sich: Ausgaben für Verteidigung und Sicherheit sollen künftig nur noch bedingt unter die Schuldenbremse fallen – bis zu einer Grenze von einem Prozent der Wirtschaftsleistung. Zusätzlich ist ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Investitionen geplant, ergänzt durch erweiterte Verschuldungsspielräume für die Bundesländer.
Merz‘ Kanzlerschaft in Gefahr?
Für Friedrich Merz steht bei der Abstimmung am Dienstag mehr auf dem Spiel als nur ein Finanzpaket. Ein Scheitern würde seine Autorität als künftiger Regierungschef massiv beschädigen, bevor er überhaupt ins Amt gekommen ist. Die Koalitionsverhandlungen mit der SPD könnten ins Stocken geraten, der gesamte Zeitplan für die Regierungsbildung wäre gefährdet.
Das parlamentarische Hochseilmanöver wird zur ersten echten Machtprobe für den CDU-Chef. Scheitert sein Milliardenplan an fehlenden Stimmen, könnte der Weg ins Kanzleramt deutlich steiniger werden – oder sogar ganz versperrt bleiben.
Quelle: Spiegel.de