Personal Finance Das Soli-Urteil ist eine Niederlage für die Steuerzahler – mit einer Ausnahme

Das Soli-Urteil ist eine Niederlage für die Steuerzahler – mit einer Ausnahme

Das Bundesverfassungsgericht lässt den Solidaritätsbeitrag unangetastet. Leistungsträger, Sparer und Betriebe müssen ihn weiter bezahlen. Für die Koalitionsverhandlungen ergibt sich daraus ein Vorteil für die Union.

Im Steuern erfinden sind Regierungen immer ganz groß, im Steuern abschaffen fehlt es ihnen meistens an Fantasie und Gestaltungswillen. So geschehen beim Soli, der zur Finanzierung der deutschen Einheit geschaffen wurde, was damals jeder verstand. Heute aber, 35 Jahre später, existiert er immer noch, was keiner mehr versteht. Auf die gezahlte Steuersumme werden zusätzlich 5,5 Prozent fällig – und das darf jetzt so weiter gehen, urteilt das Bundesverfassungsgericht. Wegfallen dürfe der Soli erst, sagen die Richterinnen, wenn auch die Kosten der Wiedervereinigung „evident“ weggefallen sind. Darauf aber können wir lange warten: Zahlenakrobaten im Finanzministerium, die vorrechnen, dass der Osten Deutschlands weiter Geld braucht, wird es immer geben.

In Wahrheit macht der Staat mit dem Soli ein glänzendes Geschäft. Unterm Strich standen zum Beispiel von 2005 bis Ende 2019 Ausgaben für den Solidarpakt II in Höhe von knapp 157 Milliarden Euro den Soli-Einnahmen in Höhe von 216 Milliarden Euro gegenüber. In Wahrheit hatten die Regierenden deswegen so etwas wie ein schlechtes Gewissen, und es war die große Koalition unter Angela Merkel, die den Soli teilweise abschaffte, allerdings Leistungsträger, Sparer und Betriebe weiter zur Kasse bat. Das soll nun auch so bleiben – was das Bundesverfassungsgericht mit Hinweis auf das Sozialstaatsprinzip völlig in Ordnung findet. Wer mehr Geld verdient als andere, wer Erträge aus angelegtem Ersparten hat und eben auch GmbH’s darf gern doppelt zahlen. Das nennt sich hierzulande ausgleichende Gerechtigkeit.

Ist das Urteil also eine Niederlage für die Steuerzahler auf ganzer Linie? Es gibt nur eine taktische Überlegung, um ihm etwas abzugewinnen: In den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD wird es jetzt für die Sozialdemokraten noch schwieriger, der Union die geplante Vermögensabgabe für Besserverdienende abzutrotzen. Das Manöver hätte sich mit der vollständigen Abschaffung des Solis zumindest aus SPD-Perspektive begründen lassen. Diese Begründung fällt nun weg, und wir haben damit die Chance, dass der gefräßige Staat, dem schon jetzt seine Jahr für Jahr steigenden Steuereinnahmen zu wenig sind, uns nicht noch tiefer in die Tasche greift.