Wo uns eine Union-SPD-Koalition mehr Geld ins Portemonnaie spült
Migration und Wirtschaft waren die beherrschenden Themen im Wahlkampf. Zumindest bei der Wirtschaft ist absehbar, dass eine neue Koalition auf Steuerentlastung setzen wird: für die Unternehmen und für uns alle.
Ab heute wird verhandelt. Und alle, die zusehen und die seit Wochen und Monaten und Jahren klagen, dass ihnen die Steuern zu hoch, die Energie zu teuer und der Staat zu verschwenderisch ist, hoffen auf ein Ergebnis, das der Wahlsieger Union in ihrem Sinne richten soll. Der Aktienindex DAX legt erstmal zu und Ökonominnen wie Marion Mühlberger und Ursula Walther sowie Deutschland-Chefvolkswirt Robin Winkler von der Deutschen Bank schreiben: „Die Aussicht auf eine Zweiparteienkoalition unter Führung einer starken CDU/CSU wird von den deutschen Unternehmen wahrscheinlich als positiv angesehen, da sie weniger politischen Stillstand und Unsicherheit verspricht als unter der bisherigen Regierung.“ Worauf müssen sich die Unternehmen einstellen? Und was bedeutet eine Koalition von Union und SPD für den eigene Haushaltskasse?
Darauf müssen sich alle einstellen:
- Elterngeld und Elternzeit steigen
Einig sind sich beide Parteien bei einer Reform von Elterngeld und Elternzeit. Die SPD hat dabei konkretere Vorstellungen als die union. So soll die Elternzeit von 14 auf 18 Monate steigen – sechs Monate für jeden Elternteil und sechs, die frei aufgeteilt werden können. Für Väter soll es eine zweiwöchige Familienstartzeit nach der Geburt bei vollem Lohnausgleich geben. Zur Höhe des Elterngeldes macht auch die SPD keine Angaben, vermutlich dürfte aber der seit 2007 nicht erhöhte Maximalsatz von 1800 Euro im Monat steigen.
- Einkommenssteuer sinkt
Der Grundfreibetrag, der nicht besteuert wird, wird nach Union- und SPD-Vorstellungen steigen, und die Einkommensgrenze, ab der der Spitzensteuersatz von 42 Prozent fällig wird, deutlich angehoben. Unklar ist, was mit den Kinderfreibeträgen passiert. Die CDU möchte sie schrittweise auf das Level des Grundfreibetrags anheben.
- Stromsteuer und Netzentgelte gehen runter
Einig sind sich beide Parteien, dass die Stromsteuer gesenkt werden soll. Die SPD peilt 0,1 Cent pro Kilowattstunde (kWh) an, die Netzentgelte sollen bei 3 Cent gedeckelt werden. Familien mit einem Verbrauch von 5000 kWh pro Jahr würden durch die SPD-Pläne mehr als 500 Euro im Jahr sparen. Die Union geht in die gleiche Richtung hat aber bisher keine Zahlen genannt.
- Arbeitenden Rentner haben es einfacher
Die Kosten der Rente steigen, weil immer weniger Jüngere für immer mehr Ältere sorgen müssen. An eine grundsätzliche Reform trauen sich beide mutmaßlichen Koalitionspartner nicht heran, aber es gibt Ansätze, die das Problem mildern. Die Union will einen Freibetrag von 2000 Euro Rente im Monat für alle Rentner, die weiterarbeiten. Die SPD möchte arbeitende Rentner dadurch belohnen, dass die Arbeitgeberbeiträge für Arbeitslosen- und Rentenversicherung als zusätzlicher Nettolohn an sie ausgezahlt werden.
- Studenten erhalten mehr Unterstützung
Union und SPD wollen das Bafög erhöhen – auch für Azubis. Die SPD möchte es automatisch an die Inflation anpassen und unabhängiger vom Einkommen der Eltern machen. Die CDU will die Zuverdienstgrenzen erhöhen und ein Aufstiegs-Bafög für Weiterbildungen einführen.
Und darauf können sich die Unternehmen einstellen:
- Arbeitszeitmodelle werden reformiert
Die SPD spricht sich generell dafür aus, mehr flexiblere Modelle zuzulassen. Welche genau, sollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer je nach Bedarf aushandeln. Die Union möchte dasselbe und gleichzeitig statt der bisherigen täglichen Höchstarbeitszeit von zehn Stunden eine wöchentliche Höchstarbeitszeit nach EU-Recht von 48 Stunden festlegen. Die Union will Überstunden bei Vollzeitkräften von Steuern befreien.
- Unternehmenssteuern sinken
Die Union will den aktuell geltenden Körperschaftssteuersatz von knapp 30 Prozent auf 25 Prozent senken. Die SPD erinnert an einen EU-Mindestsatz von 15 Prozent. Sie möchte allerdings auch Unternehmen entlasten, wobei ihre Instrumente eher gezielte Subventionen und Investitionsprämien sind – was die Union ablehnt. Da beide Partner sich jedoch einig sind, dass Unternehmen finanziell entlastet werden sollen, dürfte eine Einigung kommen.
- Bürokratie wird eingeschränkt
Es ist das Megathema bei Unternehmen: Sie ersticken in Bürokratie. Die Parteien haben das begriffen und wollen etwas unternehmen, sei es im Gesundheitssystem, für Unternehmen, bei Bauvorschriften oder für Startups. Allerdings: Solche Versprechen macht jede Bundesregierung seit Jahrzehnten, praktisch passiert dann oft wenig. Zahlreiche Vorschriften basieren zudem auf Regeln der EU, die sich nicht einfach kippen lassen. Dennoch drängt das Thema derart, dass Union und SPD dazu einen Vorschlag machen müssen.
- Digitalministerium kommt zurück
Die Union will ein eigenständiges Digitalministerium schaffen. Damit käme die Partei einer der im Positionspapier „Re-Start Deutschland“ geäußerten Forderungen des Branchenverbands Bitkom nach. „Wir brauchen ein eigenständiges Digitalministerium, das die verteilten Kompetenzen bündelt und umfassende Rechte und Ressourcen besitzt“, heißt es unter anderem darin. Trotz des geplanten neuen Ressorts sollen am Ende weniger Ministerien unterm Strich stehen. Das soll gelingen, indem die Ressorts Verkehr, Bau und Energie in einem Infrastrukturministerium zusammengefasst werden. Die Energienetze lagen zuletzt im Wirtschaftsministerium, wie auch der Klimaschutz. Dieser soll wieder wie zu Vor-Ampel-Zeiten im Umweltministerium stattfinden.
Nicht jedes dieser Vorhaben wird am ersten Tag der neuen Regierung umgesetzt. Insbesondere die Steueranpassungen dürften sich über die gesamte Legislaturperiode hinziehen. Aber allein die Aussicht, dass es kommen soll, könnte einen Aufschwung bewirken. Klar ist allerdings, dass das ganze Paket nicht in Kraft treten kann, ohne dass die Konstruktion der Schuldenbremse verändert wird. Da allerdings die FDP als härtester Vertreter einer harten Schuldenbremse aus dem Parlament geflogen ist, könnte eine Union-SPD-Koalition auch diese Hürde nehmen.