Nord Stream: Gericht ermöglicht Wiederinbetriebnahme der gesprengten Pipeline
Ein Schweizer Gericht hat den Konkurs der Nord Stream 2 AG verschoben, weil es offenbar Interesse an einer weiteren Verwendung der Pipeline gibt. Berater der Bundesregierung machen bereits Planspiele, wie und wozu die Pipeline aktiviert werden könnte. SPD-Finanzminister Jörg Kukies will die Rechte der Steuerzahler wahren und hat die Pipeline noch nicht abgeschrieben. Zudem steht ein US-Investor in den Startlöchern.
Die Ruine der bei einem Sabotage-Akt gesprengte Gas-Pipeline Nord Stream könnte wieder repariert und benutzt werden. Entsprechende Spekulationen erhalten Auftrieb, weil das zuständige Gericht im schweizerischen Zug, wo die nach der Sprengung in die Insolvenz gerutschte Nord Stream 2 AG ihren Sitz hat, jüngst entschied, die Gesellschaft doch noch nicht offiziell zu liquidieren. Der Beschluss über einen endgültigen Konkurs des Unternehmens werde „ausnahmsweise bis 9. Mai 2025“ verlängert, hieß es im Januar vom Kantonsgericht. Gründe seien die komplexe geopolitische Lage „sowie Wahlen in Deutschland im Februar 2025, die vermutlich eine maßgebliche Auswirkung auf die Situation der Nord Stream 2 AG haben könnten“. In dem Beschluss wird neben einem Verkauf der Pipeline auch eine „Sanierung der Gesellschaft“ als mögliches Szenario für die Zukunft von Nord Stream 2 erwogen. Eine Sanierung ist jedoch nur vorstellbar, wenn die Pipeline repariert und wieder in Betrieb genommen wird.
Die Nord Stream 2 AG gehört dem russischen Gazprom-Konzern. Sie sollte russisches Gas durch die Ostsee nach Deutschland liefern. Die 1200 Kilometer lange Pipeline mit zwei Strängen wurde fertig gebaut, aber nie in Betrieb genommen. Das umstrittene Gas-Geschäft wurde nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 auf Eis gelegt. Einer der beiden Röhrenstränge wurde bei einem Anschlag Anfang September 2022 zerstört, ebenso wie die beiden Stränge der bereits in Betrieb genommenen Nord-Stream-1-Pipeline. Wer das getan hat, ist bislang unbekannt. Die Spekulationen reichen von der Ukraine, über Russland bis zu den USA als Auftraggeber. Die Betreibergesellschaft blieb auf hohen Schulden sitzen und entließ fast alle Mitarbeiter. Das Gericht in Zug gewährt seit Anfang Januar 2023 eine mehrmals verlängerte Nachlassstundung, um einen Konkurs abzuwenden.
Nach Ablauf der in der Schweiz geltenden gesetzlichen Frist für Insolvenzverfahren hätte die Ostsee-Pipeline an sich nach dem 10. Januar 2025 zur Begleichung der Schulden vom Insolvenzverwalter verkauft werden müssen. Damit hätten sowohl der alleinige Aktionär Gazprom als auch Investoren wie zum Beispiel der deutsche Versorger Uniper die Kontrolle über das Projekt verloren. Verhindert wurde dies durch eine Verlängerung des Verfahrens über die gesetzliche Frist hinaus, was Insolvenzrechtler als „äußerst ungewöhnlich“ bezeichnen. Das verstaatlichte Unternehmen Uniper hat laut der vorliegenden Gerichtsakten dieser Verlängerung nicht widersprochen. Zuständig für die Aufsicht über Uniper ist das Bundesfinanzministerium unter der Leitung von Jörg Kukies.