Los Cabos: Der schlafende Riese erwacht
Los Cabos ist der Ort, an dem die Natur wild feiert und der Luxus still nickt. Wo Wale sich nicht um Grenzen scheren, während nebenan die Schickeria am Infinity-Pool nippt. Wo Sterneköche mit Tacos um die Gunst der Gäste batteln. Die Südspitze der Baja California war mal ein verschlafenes Fischerdorf – jetzt ist sie das neue Sehnsuchtsziel für Abenteurer mit Geschmack. Und dank Direktflug müssen jetzt auch Europäer nicht mehr erst den halben Kontinent durchqueren, um dabei zu sein.
Der Pfad windet sich steil durch die karge Klippenlandschaft von Punta Lobos. Kakteen und verdorrtes Gestrüpp säumen unseren Weg. Während die Novembersonne an geschützten Stellen unbarmherzig auf uns herabbrennt, fächeln uns die frischen Winde vom Pazifik angenehme Kühle zu, sobald wir ungeschützte Abschnitte erreichen. Sol, unser Guide von High Tide, führt uns geschickt über lose Steine und um scharfe Felskanten. Das Rauschen des Pazifiks wird mit jedem Schritt lauter, ein Versprechen auf die atemberaubende Aussicht, die uns erwartet.
Über uns kreisen majestätisch Königsgeier in den Aufwinden. Ihre imposanten Silhouetten zeichnen sich deutlich gegen den azurblauen Himmel ab, während sie die thermischen Strömungen entlang der Küste nutzen.
Nach knapp einer Stunde Aufstieg erreichen wir den Aussichtspunkt. Hundert Meter unter uns breitet sich der endlose Ozean aus, ein glitzernder Teppich aus Blau und Türkis. Tief unten an den Klippen balzen lautstark Seelöwen, ihre Rufe dringen durch die Felsspalten bis zu uns hinauf wie in einem natürlichen Amphitheater. Plötzlich verstummt Sol mitten im Satz. Sein Blick fixiert einen Punkt nahe der Küste. Wir folgen seinen Augen und sehen es auch: Eine gewaltige Fontäne durchbricht die Meeresoberfläche. „Unmöglich“, murmelt Sol. „Buckelwale. Aber sie sind viel zu früh. Normalerweise kommen sie erst im Januar.“ Wie auf Kommando taucht ein zweiter, kleinerer Blas neben dem ersten auf. Mutter und Kalb, keine hundert Meter von der Küste entfernt. Das Geräusch ihres Atems trägt der Wind zu uns herauf, während wir gebannt auf unserem Felsvorsprung verharren.
In der Ferne sehen wir Touristenboote, die vergeblich nach den Giganten suchen. Doch die Wale haben sich entschieden, uns eine private Show zu bieten. Es fühlt sich an, als hätten wir einen Blick hinter den Vorhang der Natur erhascht, als wären wir Zeugen eines gut gehüteten Geheimnisses geworden.
Hier, an der Punta Lobos, wo die raue Küste auf den wilden Pazifik trifft, scheinen die üblichen Regeln nicht zu gelten. Los Cabos ist ein Ort der Kontraste und Überraschungen, wo jeder Wanderpfad zu einem unerwarteten Abenteuer führen kann – und manchmal sogar die Wale ihre eigenen Pläne haben.
Vom Fischerdorf zum Luxus-Hotspot
Los Cabos, auch kurz Cabo genannt, liegt an der Südspitze der mexikanischen Halbinsel Baja California. Die Region hat in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Entwicklung durchgemacht. Was einst verschlafene Fischerdörfer waren, ist heute ein Magnet für Touristen aus aller Welt. Der etwa 30 Kilometer lange „Touristenkorridor“ zwischen Cabo San Lucas und San José del Cabo gleicht einer schier endlosen Perlenkette aus Luxusresorts, Golfplätzen und exklusiven Freizeitangeboten. Im Jahr 2024 zog es rund 3,9 Millionen Besucher in die Region, die meisten davon aus Nordamerika.
Besonderes Highlight: Whale Watching. Von Januar bis März ziehen Buckelwale aus den kälteren Gewässern des Nordens in die wärmeren Gefilde von Los Cabos, um sich fortzupflanzen und ihre Jungen zur Welt zu bringen. Dieses Naturschauspiel lockt jährlich zahlreiche Besucher an. Doch Cabo ist nicht nur ein Spielplatz für Luxusurlauber, Golfer oder Spring-Breakler. Die Region hat es geschafft, Gebiete mit völlig unberührter Natur zu bewahren, die Ruhe und Abgeschiedenheit bieten. 42 Prozent der Fläche von Baja California Sur sind als Naturschutzgebiet ausgewiesen, und 25 Strände in Los Cabos sind mit der “Blauen Flagge” für Nachhaltigkeit und Umweltschutz ausgezeichnet. Naturfreunde und Outdoor-Aktivisten kommen hier voll auf ihre Kosten – Wandern, Tauchen, Schnorcheln, Surfen, das ganze Ballett.

Cristián ‚Chivo‘ Fernández von Clandestino Travel führt uns durch die Sierra de la Laguna mit versteckten Wasserfällen – abseits des Touristentrubels. Credit: Lars Jacobsen
Im einen Moment gleiten wir noch entlang des fast schon künstlich anmutenden Touristenkorridors. Im nächsten Moment schaukelt uns unser Ford Bronco durch das Gelände der Sierra de la Laguna, wo kaktusgesäumte Wüstenlandschaften und unberührte Schluchten dominieren. Allein der Weg von Einlasspforte unserer Hotelareale bis zu unseren Hotels selbst führt 20 Minuten an Golfplätzen oder weiteren Hotels entlang. Alles ist hier groß und luxuriös, doch nur kurze Zeit später erleben wir absolute Abgeschiedenheit, wenn wir in einem klaren Wasserbecken in der Sierra de la Laguna mit einer Wasserschlange baden. Täglich erleben wir diesen Kontrast, der Los Cabos seine ganz einzigartige, surreale Atmosphäre verleiht.
Wo Ursprünglichkeit und Glamour so spektakulär aufeinandertreffen, ist Hollywood nicht weit. Los Cabos ist längst ein Magnet für die Stars – und das schon seit den Anfängen. In den 1940er Jahren zog Cabo bereits berühmte Namen wie Lucille Ball und John Wayne an. Die ersten Resorts wurden größtenteils mit Hollywood-Geldern errichtet, darunter das Hotel Palmilla, das 1956 in San José del Cabo eröffnete und heute als One & Only Palmilla bekannt ist.
Die Liste der Promis, die heute regelmäßig gespottet werden, ist lang: Leonardo DiCaprio, Kim Kardashian, Kate Hudson, Emma Watson, Chris Hemsworth, um nur einige wenige Namen zu nennen. George Clooney baute sogar seine eigene Residenz neben der seiner langjährigen Freundin Cindy Crawford. Die Anwesen wurden inzwischen verkauft.
Passend zum Luxus-Image der Region eröffnete kürzlich das weitläufige, supermoderne Nobu Hotel Los Cabos – erste Unterkunft unserer Reise. Japanische Ästhetik, visuelle Einfachheit, eine perfekte Ergänzung zur Lage am Meer. Vier Pools, großzügiges Spa- und Fitnesscenter, jedes Zimmer verfügt über eine Teakholz-Badewanne im Onsen-Stil. Neben dem namensgebenden japanischen Restaurant Nobu bietet das Hotel auch das moderne kalifornische Malibu Farm, das mexikanische Pacific sowie sechs Bars. Auf dem Gelände befinden sich zudem zwei international renommierte Golfplätze – von insgesamt 18 in der gesamten Region. Die Entstehung der Hotelkette geht auf die Partnerschaft zwischen dem weltbekannten japanischen Küchenchef Nobu Matsuhisa, dem Schauspieler Robert De Niro und dem Filmproduzenten Meir Teper zurück. Inspiriert vom Erfolg der Nobu-Restaurants, beschlossen sie, das Konzept auf die Hotellerie auszuweiten. Das erste Hotel eröffnete 2013 im Caesars Palace in Las Vegas.

Goldenes Schauspiel: Sonnenuntergang gerahmt durch die moderne Lobby des Pueblo Bonito Pacifica. Credit: Lars Jacobsen.