Productivity & New Work „Ich wollte nicht einfach Klingeltöne verkaufen“ 

„Ich wollte nicht einfach Klingeltöne verkaufen“ 

Im Jahr 2004 in einer WG in der Berliner Hasenheide als Minibude gegründet, die gebrauchte Computerspiele vertickte, ist rebuy heute einer der Top-Anbieter im Recommerce-Markt. Nachhaltig profitabel bei einem Umsatz von über 220 Millionen Euro kann sich Rebuy-Chef Philipp Gattner nach dem nächsten großen Ding umschauen. Was kommt da und was erwartet er von der nächsten Bundesregierung? 

Moin Philipp, Sonntag ist Wahl – was soll die neue Bundesregierung aus Deiner Sicht ganz konkret anpacken? 

Ich sehe nach wie vor eine Baustelle bei der CE-Kennzeichnung – die bestehenden Vorschriften müssten viel strenger kontrolliert und durchgesetzt werden. Viele importierte elektronische Geräte, die heute auf Billig-Plattformen angeboten werden, erfüllen nicht die europäischen Sicherheitsstandards. Das hat zwei Auswirkungen: Zum einen verzerrt dies den Wettbewerb, da die Produkte viel günstiger produziert werden können. Zum anderen ist der Gebrauch gefährlich. Beispielsweise können minderwertige Akkus schnell überhitzen und in Brand geraten.  

Ihr seid ein höchst erwachsenes Startup, du bist seit sechs Jahren an der Spitze von rebuy, was treibt Dich an? 

Als ich vor Jahren von McKinsey kam, wollte ich etwas machen, was einerseits wirtschaftliches Potential bietet und andererseits nachhaltig sinnvoll ist. Der Purpose musste stimmen. Ich wollte nicht einfach Klingeltöne verkaufen. Das Geschäftsmodell von rebuy hat mich direkt überzeugt, da es einen positiven Beitrag leistet. Je mehr repariert und wiederverwendet wird, desto weniger wird weggeschmissen. 

Was hältst Du wirklich von dieser Purpose-Diskussion – ist die nicht ein bisschen aufgeblasen? 

Es gibt Geschäftsmodelle, die haben im Kern einen Purpose. Unseres gehört dazu. Und manche haben eben keinen. Da muss man dann lange schälen, um im Kern etwas zu finden und aufzubauen. Heute soll ja jedes Unternehmen seinen Purpose finden, aber bei einem Importeur von Plastikspielzeug aus China stelle ich mir das zum Beispiel schwieriger vor. Da braucht es schon viele Workshops, um einen Purpose zu finden. Ich mag es, authentisch zu sein. Und mich nicht zu verstellen. Ich mag es, wenn ich nicht tief graben muss, um den Purpose zu finden. Und ein starker Purpose kann sehr hilfreich sein, beispielsweise beim Motivieren und Gewinnen von guten Mitarbeitenden. Es hilft auch gegenüber Konsumentinnen und Konsumenten. Die Themen Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit lassen sich gut vertreten. 

Wirklich? Mein Eindruck ist, dass derzeit kaum einer mehr von Nachhaltigkeit redet. 

Die Bedeutung von Nachhaltigkeit hat zumindest temporär etwas nachgelassen, das sehen wir auch. Primärkriterien sind wieder stärker in den Vordergrund getreten, das Preis-Leistungs-Verhältnis steht da ganz vorn. Das hängt mit den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zusammen, die viele verunsichern. 

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