Finance & Freedom Die Wahrheit über den Mindestlohn: Wem er nutzt und wem er schadet 

Die Wahrheit über den Mindestlohn: Wem er nutzt und wem er schadet 

SPD und Grüne wollen im Wahlkampf mit ihrer Forderung nach einer Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro punkten. Ein Bäckermeister aus Brandenburg rechnet detailliert vor, warum das bei ihn nicht gut funktioniert. Was passiert wirklich, wenn der Mindestlohn steigt? 

 Der Wirtschaftsminister kommt in Schleudern, als ihn Bäckermeister Tobias Exner aus Brandenburg vor laufender Kamera mit seiner Wirklichkeit konfrontiert: 15 Euro Mindestlohn, wie ihn Grüne und SPD nach der Wahl einführen wollen, ist für ihn komplett daneben. Er als Arbeitgeber würde guten Mitarbeitern so viel zahlen, wie er könne. Doch Migranten würden die Sprache oft nicht sprechen, hätten „nichts gelernt“ und würden somit die 15 Euro nicht erwirtschaften. Falls er doch 15 Euro zahlen müsse, müsste er dann den gut ausgebildeten Mitarbeitern zwischen 17 und 25 Euro Lohn zahlen. Und das könne er nicht erwirtschaften. Robert Habeck hört zu, aber bleibt bei seiner Forderung. Er argumentiert, dass so ein Lohn dann reiche, um von Vollzeitarbeit leben zu können. 

Was also bringt der Mindestlohn, der derzeit bei 12,82 Euro liegt, wirklich? Arne Baumann und Oliver Buttel von der Informationsstelle für Mindestlohn beobachten regelmäßig die Auswirkungen des Mindestlohns auf Betroffene, auf den Arbeitsmarkt und auf die Arbeitgeber. Die beiden Wissenschaftler stellen fest, dass eine Erhöhung nicht automatisch zu monatlich mehr Geld auf dem Gehaltszettel führt. Der Grund: Arbeitgeber verkürzen oft mit einer staatlich verordnete Mindestlohanhebung die Arbeitszeit, um ihre Kosten nicht aus dem Ruder laufen zu lassen. Laut einer Befragung anlässlich der jüngsten politisch verordneten Erhöhung haben 13 Prozent ihre „Arbeitsabläufe optimiert“ – eine Aussage, hinter der sich oft eine Verkürzung der Arbeitszeit verbirgt. Die Schätzungen von Kanzler und Wirtschaftsminister, dass bis zu sieben Millionen Menschen von einer Anhebung auf 15 Euro profitierten und mehr Geld in der Tasche hätten, erhalten damit einen deutlichen Dämpfer. Dazu kommt: 27 Prozent der betroffenen Betriebe haben bei der letzten Anhebungsrunde ihre gestiegenen Lohnkosten einfach an die Kunden weitergegeben. Wer beim Bäcker einkauft, weiß, wovon die Rede ist. 6 Prozent der von der jüngsten Anhebung betroffenen Betriebe gaben an, dass sie bei den Job-Bewerbern seither stärker sieben: Wer ohne ausreichende Sprachkenntnisse ankommt, hat keine Chance.  

Was Scholz und Habeck ebenfalls nicht sagen: Auch die Betroffenen wollen oft nicht mehr Geld verdienen, weil sie sonst ihren Status als Minijobber, der abgabenfrei arbeiten darf, verlieren. Zwar wird mit jeder Mindestlohnerhöhung auch die Minijob-Lohngrenze erhöht, dennoch trägt eine Erhöhung auf 15 Euro dazu bei, dass derzeitige Minijobber auch die erhöhte Grenze für ihre abgabenfreie Arbeit reißen. 

Seite 1 / 2
Nächste Seite