Deutsche Wirtschaft: Zehnmal schlechte Laune und einmal Hoffnung
- 22 Tage krank
Die schlechte Stimmung schlägt aufs Gemüt. Die einen wollen nicht mehr, die anderen können nicht mehr. Rund 22 Tage war jeder Arbeitnehmer in Deutschland 2023 im Schnitt krankgeschrieben, geht aus der Auswertung der neuesten Daten des Dachverbands der Betriebskrankenkassen hervor. Im strukturschwachen Mecklenburg-Vorpommern sind es sogar 29 Tage, in Bayern dagegen „nur“ 19. Zuletzt brachten die Unternehmen fast 77 Milliarden Euro für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auf – rund zwei Drittel mehr als noch im Jahr 2012. Die meisten Krankheitstage fallen auf einen Montag oder Freitag. Unternehmer, die anregen, einen „Karenztag“ einzuführen – also einen ersten Krankheitstag, der nicht bezahlt wird – werden ausgebuht.
- 39,5 Cent: Der Strompreishammer schlägt zu
Teure Energie ist eines der Kernthemen für die Wirtschaft und die Menschen hierzulande. Die Nebenkosten beim Wohnen sind zur zweiten Miete geworden. Die deutschen Strompreise lagen für private Haushalte 2024 mit 39,5 Cent pro Kilowattstunde 37 Prozent über dem europäischen Durchschnitt von 28,9 Cent. Strom war hierzulande fast doppelt so teuer wie in Polen. Deutschland nahm 2024 die Spitzenposition als teuerstes Stromland für private Haushalte in der EU ein. Die Strompreise für europäische Gewerbe und Unternehmen waren 2024 in Irland am höchsten. Deutschland steht hier an dritter Stelle, was für die energieintensive Industrie ein Todesurteil ist
- Plus 16,8 Prozent: Pleitewelle rollt durch Land
Deutlich mehr Unternehmen als im Jahr zuvor haben 2024 Insolvenz anmelden müssen. Es sind so viele Firmen pleite gegangen, wie seit fast zehn Jahren nicht mehr. Die Zahl der Insolvenzen stieg um 16,8 Prozent. Und es dürfte noch schlimmer werden: Im Oktober 2024, der jüngste Monat, für den endgültige Daten vorliegen, schnellten die Zahlen nochmal hoch. Danach meldeten die Amtsgerichte 2012 beantragte Firmeninsolvenzen und damit 35,9 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die Forderungen der Gläubiger lagen bei rund 3,8 Milliarden Euro, das ist mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr. Die meisten Insolvenzen gibt es in den Branchen Verkehr, Bau und Gastgewerbe. Und wenn die Firma pleite macht, reißt es viele Mitarbeiter gleich mit: Die Verbraucherpleiten stiegen um 10,8 Prozent auf 6237 Fälle.
- Minus 1 Prozent: Exporte unter Druck
Das deutsche Geschäftsmodell ging Jahrzehnte so: Vorprodukte werden möglichst günstig auf dem Weltmarkt eingekauft, hierzulande wird daraus Hightech-Ware gemacht, die dann möglichst teuer wieder verkauft wird. Exportnation nannten sich die Deutschen stolz. Damit ist Schluss. Im Jahr 2024 sanken die Exporte kalender- und saisonbereinigt um 1,0 Prozent gegenüber dem Vorjahr, die Importe nahmen um 2,8 Prozent ab. Dass sich da schon internationale Handelskriege und drohende Zollschranken bemerkbar machten, ist nur ein bisschen richtig. Knapp zwei Drittel aller Exporte liefert Deutschland in die Europäische Union, innerhalb derer keine Handelsbeschränkungen existieren.
- 45 Punkte: Unternehmen leiden unter Auftragsmangel
Der sogenannte Einkaufsmanagerindex der Industrie klingt sperrig, ist aber der beste Wert, um die Stimmung in der Wirtschaft zu messen. Der Index basiert auf einer Befragung von 400 Industrieunternehmen in Deutschland. Er setzt sich aus den Indikatoren Auftragseingang, Produktion, Beschäftigung, Lieferzeiten und Lagerbestand zusammen. Ein Wert von 50 wird als neutral, ein Wert von mehr als 50 Punkten als eine steigende und ein Wert von unter 50 Punkten als eine rückläufige Industrieproduktion angesehen. Je größer die Abweichung von 50 Punkten, desto größer die Veränderung. Der Einkaufsmanagerindex ist ein Konjunkturindikator, der Hinweise auf die tatsächliche konjunkturelle Lage in der industriellen Privatwirtschaft zu einem sehr frühen Zeitpunkt bietet. Er liegt aktuell bei dramatischen 45 Punkten.