Deutsche Wirtschaft: Zehnmal schlechte Laune und einmal Hoffnung
Migration, Krieg, Umwelt – all das sind Wahlkampfthemen, die eines vernebeln: Deutschland steckt in der tiefsten Wirtschaftsdepression seit Gründung der Bundesrepublik. Der Patient leidet an Multiorganversagen. Jede Politik, die hier nicht zur Trendwende beiträgt, ist schlecht für das Land und die Menschen. So sieht das Desaster in Zahlen aus.
Achtung: Wer gerade sowieso keinen guten Lauf hat, sollte den folgenden Text nicht lesen, denn er verbessert die Laune – mit einer Ausnahme – nicht. Es geht um die Wirtschaft in Deutschland, die nach Umfragen der Wahlforscher derzeit nach dem Thema Migration der zweitwichtigste Punkt für die Deutschen ist. Bis zur Messerattacke von Aschaffenburg und der darauffolgende Asyldebatte lag das Thema sogar auf Platz eins und spielte eher dem Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz in die Hände. Tatsächlich gibt es seit Bestehen der Bundesrepublik 1949 keine so geballte Ladung an schlechten Zahlen aus Industrie, Gewerbe und Dienstleistungen wie heute. Wäre die deutsche Wirtschaft ein Mensch, müssten Ärzte ein Multiorganversagen diagnostizieren. So sieht die Diagnose auf dem Krankenblatt aus:
- Plus 6,4 Prozent: Arbeitslosenquote schnellt hoch
Die alte Geißel der Deutschen, die mit der Agenda 2010 einmal beseitigt worden war, ist zurück: Trotz aller demographischen Veränderungen, die zu weniger Bewerbern auf anspruchsvolle Jobs führen, steigt die Arbeitslosigkeit. Fast drei Millionen waren im Januar arbeitslos gemeldet. Zudem gibt es mehr Kurzarbeit, was zeigt, dass das Angebot an Arbeit breit sinkt. Im Vergleich zum Januar 2024 lag die Zahl der Arbeitslosen um 187.000 Menschen höher. Die Quote erreicht damit den höchsten Stand seit fast zehn Jahren.
- Minus 24,9 Punkte: Selbständige im Stimmungstief
Manchmal ist es die drohende Arbeitslosigkeit, die Menschen antreibt, sich selbständig zu machen – was derzeit aber auch keine gute Idee ist. Die Stimmung von Soloselbstständigen und Kleinstunternehmen hat sich zu Jahresbeginn weiter eingetrübt und ist auf einen neuen Tiefstand gesunken. Der vom Ifo-Institut gemeinsam mit dem Online-Dienstleister Jimdo ermittelte Geschäftsklimaindex sank von minus 23,4 im Dezember auf minus 24,9 Punkte im Januar. Jeder und jede zweite Selbstständige klagt über zu wenige Aufträge.
- Minus 0,2 Prozent: Deutschland steckt in der Rezession
Das Bruttoinlandsprodukt ist immer noch die zuverlässigste Zahl, um die allgemeine „Gesundheit“ der Wirtschaft eines Landes zu messen. Es schwankt oft, weswegen sich Ärzte einig sind, dass es dem Patienten erst richtig schlecht geht, wenn es mehrere Quartale in Folge schrumpft. Das ist in Deutschland passiert: Die Wirtschaftsleistung ging das zweite Jahr hintereinander zurück. Das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt ist im Jahr 2024 um 0,2 Prozent gesunken. Wer jetzt von Strukturwandel und Energiepreisen spricht, alles Dinge für die ja angeblich keiner wirklich was kann, muss sich die europäische Statistik anschauen: Im europäischen Vergleich landet Deutschland beim Wachstum, genauer beim Schrumpfen, abgeschlagen auf den hinteren Plätzen. Vergleichbare Länder wie Italien, Frankreich und vor allem Spanien schneiden deutlich besser ab. Der Bund der Industrie geht zudem davon aus, dass die deutsche Wirtschaft auch 2025 weiter schrumpft. Eine solche Dauerflaute hätte es dann in der Bundesrepublik noch nie gegeben.
- Minus 94 Milliarden Euro: Deutschland verliert Geld
Ausländische Investoren machen einen Bogen um Deutschland und, wer von hier kommt, sieht zu, dass er sein Geld anderswo ausgibt. Die ausländischen Direktinvestitionen in Deutschland jedenfalls sind in den letzten drei Jahren gesunken, dazu kommt, dass auch die Geldabflüsse aus Deutschland zunehmen. Die Differenz von Zuflüssen nach Deutschland und Abflüssen aus Deutschland, lag im Jahr 2023 bei rund 94,1 Milliarden Euro. Dies bedeutet, dass deutsche Unternehmen um 94,1 Milliarden höhere Investitionen im Ausland getätigt, als andersherum ausländische Unternehmen in Deutschland investiert haben. Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass der Standort an Attraktivität verloren hat