Der Krieg ist genauso teuer wie der Frieden
Dass sich das ändert, darauf hoffen auch deutsche Rüstungsfirmen wie etwa Rheinmetall, die seit Jahren einen unverminderten Aufschwung erleben. Für sie würde auch der erleichterte Zugang zu den reichhaltigen Bodenschätzen der Ukraine ein entscheidender Wettbewerbsvorteil werden. Ob Titan, Lithium, seltene Erden – für die Hightech-Schmieden der deutschen Industrie ist keineswegs mehr Stahl das Material des Begehrens, sondern all jene Stoffe, die für die Fertigung von Computersteuerungen und Kommunikationsanlagen gebraucht werden und die bislang in Afrika oder China eher teuer eingekauft werden müssen. Außerdem bietet sich die Ukraine als künftiger Ort für Niederlassungen deutscher Technologiefirmen an, denn die Voraussetzungen bei den Arbeitskräften des Sektors sind gut. All dies basiert jedoch auf der Prämisse, dass die durch russische Bomben und Drohnen vielfach zerstörte Infrastruktur und Energieversorgung rasch wieder aufgebaut werden kann.
Die Hoffnung auf schnelle Entspannung für die deutschen Unternehmen könnte also zu früh kommen. Schlüsselgröße sind hierbei die künftigen Staatsausgaben, vor allem im Rüstungssektor. Und, so rechnet etwa das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) vor, dass eine Verringerung der Ukrainehilfen sofort an anderer Stelle zu höheren Ausgaben führen würde – nämlich für Flüchtlingsunterstützung bei einem neuerlichen Zustrom aus der Ukraine. Ob ein eingefrorener Konflikt am Ende für Deutschland genauso teuer wäre wie die Fortsetzung des Krieges, wie die Wirtschaftswissenschaftler ermittelten, scheint angesichts von einer Million Toten des russischen Eroberungsfeldzuges eine zynische Feststellung. Ohnehin wird Europa so schnell nicht gefragt werden, was es denn gern ausgeben und überhaupt gern sonst noch tun möchte. Die geopolitischen Fakten werden es richten, nicht die uneinigen Regierungen.