Productivity & New Work „Mach dein Hirn leer!“

„Mach dein Hirn leer!“

Offline-Wochenenden? Klingt für viele eher wie ein Albtraum.

Das hätte ich auch gesagt, aber Initiativen wie „The Offline Club“ in Amsterdam, auf Instagram mit mittlerweile knapp 500.000 Followern, zeigen, dass es funktioniert. Menschen treffen sich, um ohne Technologie zu lesen, zu reden oder sich bewusst zu langweilen. Langeweile ist eine unterschätzte Kraft. Sie gibt unserem Gehirn Raum, kreativ zu werden. 

Wenn dich jemand in den Niederlanden fragen würde: „Was machst du?“ und du sagst: „Niksen“, was im Grunde Nichtstun bedeutet, wäre er neidisch. Nichtstun bedeutet, dass du dein Gehirn leer machst. Lass es geschehen! 

Auf der anderen Seite sehen wir auch, dass in diesem Bereich Hardware entwickelt wird. Beispielsweise sehen wir einen Computer, der eine ablenkungsfreie Umgebung und eine bewusste Nutzung der Oberfläche ermöglicht.Ein anderes Beispiel ist einen Launcher, den man für das Handy verwenden kann. Der ersetzt die Standardoberfläche des Telefons, mit einer Oberfläche die eine bewusste Nutzung der Funktionen fördert. 

Kannst du das veranschaulichen? 

Eine typische Generation Z erhält tagsüber etwa 200 Benachrichtigungen, das sind mehr als 20 pro Stunde, und das nicht nur auf dem Telefon, sondern auch auf der Uhr. Es ist in deinen Ohren, es ist überall. Ich habe das an mir selbst beobachtet, dass meine Fähigkeit zu lernen, durch meine abgelenkte Aufmerksamkeit, verschwunden ist. Wir sind nicht mehr konzentriert, weil immer etwas anderes passierte

Was tust du persönlich dagegen? 

Also ich nehme mir einen Nachmittag pro Woche frei. Das heißt, das Telefon, die E-Mails werden abgeschaltet, alles wird abgeschaltet, und ich verbringe einen halben Tag damit, zu lernen. Sei es, dass ich akademische Texte lese, mit einigen der neuen Tools oder Technologien spiele, die Amazon entwickelt. Wir alle verlassen uns auf die gute Absicht, aber wir selbst setzen unsere guten Absichten nicht um. Es braucht Mechanismen, die uns dabei helfen sie umzusetzen, ansonsten passiert nichts.Daher beginnen die Meetings bei Amazon mit einem schriftlichen 6-seitigen Dokument. Es wird den Teilnehmern eines Termins ausgehändigt und in der ersten halben Stunde liest es jeder in Ruhe durch. Nach diesen 30 Minuten sind alle auf dem gleichen Stand. Alle haben die gleichen Informationen. Damit ist die Qualität der Entscheidungen extrem hoch, es wird sichergestellt, dass alle mit ihrem Kopf dabei sind.

Deine Prognosen betreffen aber auch die Verantwortung von Technologieunternehmen. Was meinst du konkret? 

Wenn wir Technologien entwickeln, die negative Auswirkungen auf die Gesellschaft haben könnten, tragen wir auch die Verantwortung, Werkzeuge zu schaffen, die diese Auswirkungen abmildern oder verhindern. Vertrauen ist dabei essenziell. Gerade in einer Zeit, in der Fehlinformationen schnell verbreitet werden, müssen wir sicherstellen, dass Fakten klar und zugänglich sind. Organisationen wie die BBC oder Bellingcat leisten hier schon Hervorragendes, aber die Tools, die zur Faktenüberprüfung genutzt werden, müssen mit denjenigen mithalten, die Fehlinformationen verbreiten. 

Ich sehe einen Trend hin zur Demokratisierung. Start-ups wie Proem in Dänemark zeigen, wie man KI- Modelle entwickeln kann, die akademische Forschung direkt in Kontext setzen. Das ist entscheidend, um etwa bei Gesundheitsartikeln fundierte Informationen bereitzustellen. Ebenso könnten Anwendungen wie GeoSpy für die Bildüberprüfung einen großen Unterschied machen. Wir brauchen Technologien, die Kontext schaffen und Vertrauen fördern. 

Du hast auch über erneuerbare Energien gesprochen. Wie geht die Technologiebranche mit den klimatischen Herausforderungen um? 

Es beginnt mit Verantwortung. Bei AWS, der Cloud-Sparte von Amazon, konnten wir unseren Energiebedarf in 2023 bereits zu 100 % mit erneuerbare Energien decken. Gleichzeitig müssen wir ältere, ineffiziente Rechenzentren abbauen und in lokalere Energieerzeugung investieren. Das Stromnetz ist vielerorts veraltet, und die Elektrifizierung unserer Gesellschaft – von E-Autos bis hin zu Wärmepumpen – erfordert neue, nachhaltigere Lösungen. 

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