Fest der Demokratie
Trotz aller Tiefpunkte in der Debatte um eine andere Asylpolitik ist die Bundestagsdebatte ein starkes Lebenszeichen aus einem Parlament, das viel zu lange die Streitkultur vernachlässigt hat.
Es ist die entscheidende Debatte für der Wahl im Bundestag: Oppositionsführer Friedrich Merz und die Union haben zwei Entschließungsanträge ins Parlament eingebracht, die das Asylrecht erheblich verschärfen könnten. Es geht um Grenzkontrollen, Abschiebung, weniger materielle Unterstützung von Ausreisepflichtigen und weitgehendere Befugnisse der Ermittler.
Die schlechte Nachricht: Die gewählten Volksvertreter reden am Volk, das sie gewählt hat, vorbei. Anstatt die aufrichtige Sorge der Menschen vor einer lebensgefährlichen Asylpolitik ernst zu nehmen und wirklich um eine Änderung der Asylpraxis zu ringen, flüchten sie in politische und juristische Spiegelfechtereien. Die noch regierende Minderheit aus SPD und Grünen klagt über Merz‘ Bereitschaft, seine Anträge auch mit den Stimmen der AfD durchzusetzen. Das ist natürlich ein politischer Schachzug, der aber für sich genommen über die Richtigkeit des Vorgehens genau nichts aussagt.
Und die rot-grüne Minderheit beschwert sich darüber, dass Merz mit seinen Vorschlägen angeblich Europarecht bricht – ganz so, als würde das nicht jetzt schon tagaus, tagein in der Praxis passieren: Das formal noch gültige Dublin-Abkommen, wonach über Asylanträge an den EU-Außengrenzen entschieden werden muss, wird schon längst nicht mehr befolgt. Europarecht und Migration sind Themen, die keiner mehr in einem Atemzug nennen kann, ohne rot zu werden.
Die gute Nachricht: Unsere Abgeordneten sind mal so richtig in Fahrt gekommen. Es gibt wieder rechts und links und in der Mitte kann sich keiner ausruhen, sondern muss entscheiden. Das ist ein Fest für die Demokratie.