Frau Heidenreich hat einen schlechten Tag 

Was passieren kann, wenn eine humorvolle Bestseller-Autorin mal keine Lust hat zu reden, aber trotzdem ein Interview gibt. 

Anruf beim Verlag von Elke Heidenreich: Ich möchte mit der Bestseller-Autorin über ihren Blick aufs nächste Jahr sprechen. Über die Zeit, die fließt und übers Altern, über das sie gerade ein Buch geschrieben hat. Ob sie vielleicht 30 Minuten Zeit hat in den nächsten 14 Tagen. Am Telefon, per Videoschalte oder Live am Rande einer ihrer Lesungen? Hat sie nicht. Allenfalls ein schriftliches Interview ginge. Höchstens drei Fragen. Ich schreibe ihr also und erwische die kluge Welterklärerin offenbar auf einem falschen Fuß. 

Liebe Frau Herdenreich, jeder fünfte Deutsche ist älter als 65. Deutschland ist damit gemeinsam mit Italien Spitzenreiter in der EU. Wie verändert sich dadurch eine Gesellschaft? 

Das müssen Sie Politiker fragen. Ich spüre nur mein eigenes Alter und nicht das der Gesellschaft. 

Kann eine alternde Gesellschaft innovativ sein? 

Warum denn nicht? Erst im Alter hat man Gelassenheit und Erfahrung und oft auch mehr Courage für Entscheidungen, weil Unwichtiges wegfällt. 

Wenn Sie sich das Rentensystem anschauen – halten Sie es für gerecht? Für zukunftssicher? 

Ich bin Autorin. Was weiß ich von den Hintergründen des „Rentensystems“? Ich kann nur für meine eigene Rente früh genug vorsorgen und das habe ich getan. Aber dass es gerecht zugeht – bei was auch immer – glaube ich schon lange nicht mehr.  

Welche Trends beschäftigen Sie und was davon wird 2025 für Sie voraussichtlich noch ausschlaggebender sein? 

Trends beschäftigen mich überhaupt nicht, sondern Zustände und Themen. Das Klima, die Kriege, der neue Nationalismus in Europa, die Politikverdrossenheit. Das alles macht mir Sorgen. 

Werden die Menschen weniger Bücher lesen? 

Wer ist „die Menschen“? Es gibt und gab immer Leser und Nichtleser. Die Leser werden bleiben. 

Benutzen Sie für Ihre Arbeit Künstliche Intelligenz? 

Nein, warum sollte ich? Ich erzähle Geschichten, und mir fallen noch genug ein. 

Freuen Sie sich auf KI oder haben Sie Sorgen, dass da was schief geht? 

Auch das kann ich nicht beantworten. Es ist wie mit dem Internet: je nachdem, wie man es nutzt, kann es Fluch oder Segen sein. 

Wir bekommen ein Wahljahr – glauben Sie danach wird alles anders? 

ALLES? Ihre Fragen sind mir ALLE zu pauschal. Es ändert sich immer irgendetwas, und wenn der neue Kanzler ein Merz ist, sicher nicht zum Guten. Ich bleibe mein Leben lang Sozialdemokratin und ich wähle den Gedanken und die Prinzipien der Sozialdemokratie, an die ich glaube, unabhängig davon, welche Person dort im Vordergrund steht.