Innovation & Future Hat Künstliche Intelligenz Gefühle, Herr Microsoft?

Hat Künstliche Intelligenz Gefühle, Herr Microsoft?

Es gibt Ängste gegenüber der Künstlichen Intelligenz. Ich vergleiche das mit der industriellen Revolution vor 170 Jahren, als die Arbeiter im Blaumann Angst um ihre Jobs haben mussten. Jetzt laufen wir in das Zeitalter der KI hinein und ahnen, dass es um die Jobs mit dem weißen Kragen geht. Verstehst Du diese Ängste?

Ich habe viel Verständnis dafür. Ich denke, dass die grundlegende Analogie dazu die industrielle Revolution ist, aber jetzt eben für die Wissensarbeit. Vielleicht hast Du von dieser Wirtschaftstheorie gehört, die als „Lump of Labour Fallacy“ bekannt ist. Du weißt schon, diese Idee, dass es nur eine begrenzte Menge von Arbeit auf dem Markt gibt, und wenn man diese Arbeit verkleinert, haben viele Arbeiter nichts zu tun und werden arbeitslos. In Wirklichkeit gibt es viele Beispiele, bei denen das nicht wahr ist. Ja, es gibt Verdrängung. Aber es gibt vor allem Veränderungen, und es ist erstaunlich, wie widerstandsfähig und innovativ die Menschen sind. Wir bei Microsoft neigen dazu, diese neuen Möglichkeiten zu ergreifen und sie zu nutzen. Wenn du also mich oder Satya Nadella oder andere über diesen Moment sprechen hörst, sagen wir, dass dies ein neues Instrumentarium ist, das wir nutzen können, um einige der größten Herausforderungen zu lösen, mit denen die Menschheit konfrontiert ist. Wir haben also eine sehr optimistische Einstellung. Wir sind Menschen und wir konnten schon immer gut mit Werkzeugen umgehen.

Es ist nur ein neues Werkzeugset, das ihr da gerade erfindet?

Es ist immer auch ein Generationswechsel. Ein Werkzeugset kommt nach dem anderen. Und KI ist jetzt das nächste Werkzeugset. Es ist sehr beeindruckend und wir schauen es uns an und denken: Mann, stell dir vor, was wir damit alles machen können!

Überschätzen wir die Möglichkeiten, die KI kurzfristig bietet und unterschätzen wir, was sie langfristig bewirken kann?

Dieser Satz wurde in den letzten fünf Jahrzehnten zur Beschreibung vieler Technologien verwendet, einschließlich des Internets, und in gewisser Weise ist er richtig. Aber ich möchte diese Aussage etwas näher beleuchten. Einer der Gründe, warum es meiner Meinung nach noch etwas dauern wird, bis KI wirkliche Veränderungen vorantreibt, ist nicht, dass die Technologie noch nicht ausgereift ist. Tatsächlich sehen wir, dass sich die Technologie derzeit sehr, sehr schnell weiterentwickelt. Es ist vielmehr so, dass die Organisationen, die die Technologie nutzen könnten, Zeit brauchen, um herauszufinden, wie sie sie nutzen können, und ich bezeichne das oft als „Impedence Mismatch“. Auf dem Markt schreitet die Innovation sehr schnell voran. Unternehmenskunden müssen das jetzt aufnehmen und herausfinden, was sie damit anfangen können. Ich denke, wir werden das auch hier erleben.

Ich habe den Eindruck, dass derzeit nur ein Unternehmen sagen muss: „Oh, wir arbeiten mit KI und erzielen großartige Ergebnisse damit“, und schon steigt seine Bewertung. Was ich fragen will: Befinden wir uns im Moment in einer Blase?

Ich überlasse es den Analysten zu entscheiden, ob es eine Blase gibt oder nicht. Aber ich kann dazu folgendes sagen: Es gibt sehr hohe Erwartungen an das, was KI für Unternehmen leisten kann und sollte, daran besteht kein Zweifel. Und wenn ich mir nur die Innovationen der letzten sechs Wochen anschaue, ist es schwer zu sagen, dass diese Erwartungen falsch sind. 

Welche?

Nur ein Beispiel: das Modell o1 von Open AI. Sie haben dieses neue Modell vor ein paar Wochen veröffentlicht. Es hat bessere Denkfähigkeiten. Daran besteht kein Zweifel. Sie haben in Tests herausgefunden, dass es besser denken kann als ein Doktorand in seinem Fachgebiet. Das ist einfach unglaublich. Wenn ich das vor zwei Jahren erzählt hätte, hätte mir das niemand geglaubt und an Zauberei gedacht.

Es geht also schnell voran.

Ja. Und ich habe nicht das Gefühl, dass wir eine Art von Asymptote erreichen. In Bezug auf die Auswirkungen, die KI zu diesem Zeitpunkt hat, habe ich nicht den Eindruck, den man manchmal bei Technologien sieht, dass die Rendite nachlässt und die Investitionen höher werden als die Qualität der Ergebnisse. Das haben wir bei der aktuellen Generation von Technologien noch längst nicht gesehen.

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