Leadership & Karriere Die Rentenlüge – wie Scholz sie inszeniert

Die Rentenlüge – wie Scholz sie inszeniert

Um Scholz zu durchschauen, hilft ein Blick auf die Gesetzeslage und jene Unterlagen, mit denen sich die Regierung selbst versorgen lässt, um einen Überblick zu bekommen: Das ist vor allem der Alterssicherungsbericht, der einmal pro Wahlperiode vom Arbeits- und Sozialministerium erstellt wird und gerade druckfrisch vorliegt. Darin steht klipp und klar: „Insgesamt ist die heutige Rentnergeneration überwiegend gut abgesichert. Das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen von älteren Paaren liegt bei monatlich 3.759 Euro. Bei alleinstehenden Männern sind es 2.213 Euro, alleinstehende Frauen haben mit 1.858 Euro ein im Durchschnitt geringeres Einkommen. Die Entwicklung der Alterseinkommen konnte in den letzten Jahren insgesamt mit der Preisentwicklung Schritt halten. Die monatlichen Haushaltsnettoeinkommen der 65-Jährigen und Älteren betrugen 2023 im Durchschnitt 2.769 Euro und sind damit um etwa 25 Prozent höher als 2019.“ Das war, als der letzte Bericht dieser Art vorgelegt wurde. 25 Prozent in fünf Jahren bedeutet eine Steigerung der Bezüge aus der Rente von fünf Prozent im Jahr – ein Zuwachs, den kein Arbeitgeber bei den Löhnen, die er zahlt, akzeptieren würde. Auch real, also abzüglich der Inflation, bleibt ein Einkommenszuwachs bei den Rentnern übrig. Vor allem Frauen haben davon profitiert. Möglich geworden ist der Zuwachs auch, weil die Hinzuverdienstmöglichkeiten für Rentner einfacher geworden sind. Unterm Strich stellt der Bericht eines klar fest: Der jetzigen Generation der Rentner geht es gut. Ihnen Angst zu machen, wie Scholz es jetzt tut, ist nicht gerechtfertigt.

Dazu kommen rechtliche Grundlagen, die die Rentner absichern und an denen keiner – auch kein wild gewordener Finanzminister – rütteln will. Dazu gehört die „Renten-Garantie“. Sie besagt, dass die Rente jedes Jahr steigt. Nur wenn die Löhne rundum runtergehen, was aber real nur in Zeiten hoher Inflation passiert, steigt die Rente nicht, sondern bleibt auf dem erreichten Niveau. Kürzungen sind damit ausgeschlossen.

Natürlich weiß Scholz das und konkretisiert seine Warnung auf Nachfrage dahingehend, dass er vor einer Absenkung des Rentenniveaus warnt. Damit allerdings betritt er bereits Spezialisten-Terrain. Denn das Rentenniveau ist nicht etwa die durchschnittliche Rente, sondern ein theoretischer Wert, der sich ergibt, wenn man Durchschnittsrente und Durchschnittslöhne vergleicht. Wenn Löhne stärker steigen als Renten, sinkt das Rentenniveau. Das heißt aber nicht, dass die Renten sinken oder gar gekürzt werden. Auch mit einer solchen Warnung schürt Wahlkämpfer Scholz Ängste, die nicht begründet sind.

Dass er mit dem Finger auf den entlassenen Finanzminister zeigt, liegt daran, dass Lindner die Abschläge erhöhen wollte, die jene in Kauf nehmen müssen, die früher, als es der Gesetzgeber vorsieht, in Rente gehen wollen. Aus Sicht der Unternehmen, die jedenfalls bis vor wenigen Monaten noch händeringend Mitarbeiter suchten, wäre das eine gute Idee gewesen, weil es den vorzeitigen Wechsel in die Rente unattraktiver gemacht hätte. Inzwischen hat die Regierung Scholz den Unternehmen das Leben so schwer gemacht, dass sie auf Stellenabbau umgeschaltet haben. Trotzdem: Höhere Abschläge wegen geringerer Lebensarbeitszeit als Kürzung zu brandmarken, ist etwa so falsch, wie darüber zu klagen, dass das Tanken immer teurer wird, wenn man sich gleichzeitig ein fettes SUV vor die Tür stellt.

Ob solche Rechnungen Scholz davon abbringen werden, Wahlkampf mit den Sorgen der Rentner zu betreiben? Fragen wir nochmal Harald Schmidt, der sich als Fan des Kanzlers outet: „Man muss sich wirklich anschauen, wie lange er im Geschäft ist und was für Klatschen er weggesteckt hat: Regierender Bürgermeister gewesen, als Parteivorsitzender mieses Ergebnis. Generalsekretär, auch kein Top-Ergebnis. Er war im Kabinett Merkel und so weiter, er sieht einfach, wie’s geht.“ Und macht weiter so, wie er es für richtig hält, wäre hinzuzufügen.

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