Life & Style Zeit für Game-Changer

Zeit für Game-Changer

Du unterstützt auch Common Goal, eine Organisation, in der alle Partner ein Prozent ihres Jahresgehalts für soziale Projekte spenden. Bist du einer dieser Spender?

Ja, das bin ich. Seit 2017. Ich finde das Projekt und den Gedanken dahinter einfach super. Wenn viele Spieler dazukommen und viele Menschen aus der Fußballwelt einen kleinen Beitrag leisten, dann kann viel geholfen werden. Deshalb war das für mich auch ein No-Brainer.

Und du baust mit an einem Safe-Hub an der Elfenbeinküste.

Ja, die Elfenbeinküste ist das Heimatland meines Vaters. Und dort etwas aufzubauen, das sich in Jahren hoffentlich selbst trägt, wäre großartig.

Was konkret macht ihr?

Wir bauen Fußballfelder und drum herum ein Community-Center. Der Name Safe-Hub sagt es schon: Es soll ein Safe Space für Jugendliche sein. Ein Ort, an dem sie sich aufhalten, Fußball spielen können, sich geborgen fühlen und auch eine gewisse Education bekommen. Mein Wunsch war es auch, dort eine Klinik einzubauen. Über die Zeit sollen auch Arbeitsplätze geschaffen werden, damit Jugendliche, die das Programm durchlaufen, dort später auch selbst Teacher oder Trainer werden können und ihr Wissen an die nächsten Generationen weitergeben. Es ist unfassbar spannend, das Projekt zu begleiten und gemeinsam mit Common Goal und AMANDLA, die als NGO bereits seit Jahren in Afrika aktiv sind und das Safe-Hub-Modell entwickelt haben, umzusetzen.

Du hast gesagt, dass du als Fußballprofi elf von zwölf Monaten fremdbestimmt bist. Das betrifft auch deinen Style, oder? Wir haben alle gefeiert, wie Noah Lyles bei den Olympischen Spielen in Paris im 100-Meter-Finale Gold geholt hat. Er trug dabei eine XXL-Halskette und Perlen im Haar. Im Fußball vermutlich unvorstellbar, oder?

Guter Punkt. Ich hatte letztens ein Gespräch mit Danny Williams dazu. Er war Fußballer, hat sich dann verletzt und hat jetzt seine eigene Fashion-Brand. Der hat miterlebt, was im Fußball alles nicht geht. Es kommt immer wieder die Diskussion auf. Aber ich glaube, Amerika ist da einfach, ich weiß nicht, ob ich es Vorreiter nennen würde, aber es ist ein Land, in dem die Kultur ganz anders ist und die Leute einfach machen können, was sie wollen. Gut, manchmal ist es ein bisschen übertrieben. Wer weiß, ob Noah Lyles, wenn er ohne Armreifen und ohne dicke Uhr laufen würde, nicht vielleicht doch noch eine Millisekunde schneller wäre?! Aber diese Individualität wird uns hier erst gar nicht gestattet in Deutschland oder in Europa. Das fängt schon früh in den Akademien an: Alle müssen die gleichen Schuhe anziehen, niemand darf eine wilde Frisur haben, keiner soll dieses oder jenes machen. Kreativität und Individualität werden gebremst.

Dabei haben wir uns gesellschaftlich so viel vorgenommen: Diversity, Inclusivity, Wertschätzung. Dieses „Du bist perfekt, so wie du bist“. Aber im Spitzensport scheint das nicht zu greifen, oder?

Ich kann das nicht nachvollziehen. Es gibt natürlich einen Unterschied zwischen Individual- und Mannschaftssportlern, aber in Amerika scheint das mittlerweile schon anders zu sein. Dort sind Athleten häufig schon größer als der Verein, das Franchise. Wahrscheinlich ein entscheidender Punkt, weshalb sie eher machen können, was sie wollen. Es herrscht eine andere Offenheit. In 

Deutschland ist häufig natürlich auch der Neid das Problem. Was sagst du zum Thema Neid?

The German Neid ist immer da. Zeit, das zu verändern. Wir leben in einer Welt, die sich so fundamental ändert. Unsere Art zu arbeiten. 

Remote Work, Homeoffice. Neue Dresscodes. Mit Jogginghose ins Büro. Alles wird akzeptiert. Aber im Fußball gibt es immer noch diese Abkopplung zwischen Performance und persönlichem Style. Wenngleich doch die Persönlichkeit die Performance erst ermöglicht.

Komplett richtig. Es gibt einen Spruch: „Feel good, play good.“ Wahrscheinlich müsste man es am Ende einfach durchziehen. Egal, was kommt.

Gamechanger eben, der Fußball braucht Gamechanger!

Darüber habe ich mit Berti, einem meiner Berater, auch schon des Öfteren gesprochen. Aber am Ende des Tages muss man als Sportler leider auch darauf achten, so wenig wie möglich Angriffsfläche zu bieten. Sonst wird jedes Thema direkt groß gemacht. Wir haben es ja auch gerade mitbekommen: Der FC Barcelona hat auch wieder die ­Tunnel-Fits verboten. Also dass die Spieler auf dem Weg zum Spiel anziehen können, was sie wollen. Die Hoffnung gab es ja auch mal bei uns.

Ich bin vollkommen dabei, dass der Fokus auf dem Sport sein sollte. Aber auch wenn du den vollen Fokus hast, hast du manchmal schlechtere Spiele. Es ist unmöglich, jedes Mal ein perfektes Spiel abzuliefern. Das hat dann nicht unbedingt etwas mit deinem Outfit zu tun oder damit, dass du in der Woche davor mal in Paris oder London warst. Sondern es ist einfach so. 

Aber es wird hier direkt gesagt: Das geht nicht. Du musst dich auf den Fußball konzentrieren. Aber manchmal tut es gut – so habe ich es jetzt beim Reisen gemerkt –, den Kopf frei zu kriegen. Klar, hast du den Fokus tagsüber bei der Arbeit. Aber wenn du den Arbeitsplatz verlässt, ist es auch gut, mal etwas anderes zu machen, etwas, was dir Spaß macht. So ehrlich und klar muss man sein: Jeden Tag Fußballtraining, das macht auch nicht immer nur Spaß. Und da ist es gut, eine Balance zu finden und auch andere Themen in seinem Leben zu haben, weil man so am Ende des Tages auch zufriedener mit sich selber ist.

Du sagst, in Amerika sind die Sportler größer als der Klub. Ändert sich das nicht mit der Social-Media-Power, die jeder Spieler hat. Ein Cristiano Ronaldo hat jetzt eine Milliarde Follower. Das ist doch Macht.

Ich glaube, es shiftet. Einige Fußballer hier sind auch krass. Aber in Amerika stechen die Superstars mehr heraus. Im Fußball wird alles auf elf Leute verteilt, was der Unterschied ist zu den Sportarten in den USA. Da kannst du mit zwei, drei guten Spielern im Team alles dominieren. We­nige Spieler haben mehr Einfluss auf den Erfolg und können somit entscheiden. Bei uns ist das anders, der Verein ist der Stamm. Es ist das System, das es nicht so zulässt.

Inwiefern?

Es gibt viele Themen, für die sich die Fußballwelt aussprechen muss. Jeder wird angegriffen, wenn er eine andere oder auch einfach keine Meinung hat. Ich möchte auf jeden Fall infrage stellen, dass man zu allem eine Haltung haben muss, die vorgegeben wird, die eigene Meinung aber nicht akzeptiert, die persönliche Situation nicht respektiert wird. Manchmal fehlt einem das notwendige Hintergrundwissen oder vielleicht auch einfach das Interesse, um eine klare Haltung zu haben. Dennoch wird erwartet und gefordert, dass man sich dafür ausspricht und alle Movements unterstützt, vor allem im Sport. Das hinterfrage ich. Wenn jemand sich für ein Thema stark machen oder gegen ein Verhalten aussprechen möchte, ist das gut und wichtig. Das kann jeder für sich entscheiden. Ich muss aber nicht immer ein Part davon sein, nur weil ich Fußballer bin. Auch hier geht es um Individualität.

Sprechen wir mal über die Leute, die du feierst. Designer Rick Owens.

Mein favourite Designer. Ich liebe alles, was er macht. Das Extravagante. Er zieht seinen Stil durch. Ich kaufe vielleicht zu viel von ihm – that’s my problem.

LeBron James, der King der NBA.

Ich hatte das Glück, ihn persönlich kennenzulernen in Berlin, das war megacool. Er hat sich für uns die Zeit genommen, wir haben gegessen, Drinks gehabt. Es ist krass, wie fokussiert er auf seinen Job ist, auf seine Charity und wie er sich dafür einsetzt. Sein Leadership-Mindset, das finde ich einfach sehr beeindruckend bei ihm. Ein Natural Leader, Natural Killer.

Kannst selbst du dir da noch was abschauen?

Safe! Leadership, Fokus, Wille. Es ist immer schwer, Sportarten zu vergleichen.

Aber sein Mindset, sein Training, seine Recovery, einfach seine Professionalität. Dieser Wille, immer gewinnen zu wollen, immer mehr zu wollen, länger ein part of the game zu bleiben. Das sind definitiv Dinge, die sich jeder abschauen kann.

A$AP Rocky?

Meine Fashion-Icon. Seine Musik mochte ich erst nicht so sehr, jetzt mag ich sie umso mehr. Ich liebe seine Wandelbarkeit. Bei mir gibt es auch verschiedene Phasen, nicht nur einen Style. Mal chic, mal cool, je nach Anlass und Gefühl. A$AP fasziniert mich, er hat einfach einen gewissen Swag. That’s it.

Interessant, dass er die Genres sprengt. A$AP Rocky kommt aus der Musik, jetzt hat er seine eigene Fashion-Brand. Pharrell Williams macht es bei Louis Vuitton auch.

Ja, das sind echte Gamchanger. Definitiv. Das ist bei uns im Fußball noch schwierig. Dadurch, dass die beiden individuelle Künstler sind, können sie das machen. Wir Fußballer sind ja auch Angestellte eines Vereins und somit weniger flexibel während unserer Karrieren. Wenn ich mir eines aussuchen könnte, wäre ich auch Künstler, damit ich machen kann, was ich will. Safe.

Du bist 29, du hast ja noch Zeit. Vielleicht in deiner nächsten Karriere.

Ja, klar, ich mach ein Rap-Album. Mit 40.

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