Leadership & Karriere Wie in einer schlechten Beziehung: Bei der Ampel traut sich keiner, Schluss zu machen

Wie in einer schlechten Beziehung: Bei der Ampel traut sich keiner, Schluss zu machen

Dessen Strategie besteht wie in einer schlechten Beziehung jedoch darin, nicht Schluss zu machen, sondern so viele Bruchstellen zu fabrizieren, bis die Sache unausweichlich von allein gegen die Wand fährt. Vier dieser Bruchstellen liegen inzwischen auf dem Tisch:

  1. Rente zu Lasten der Jungen

Das sogenannte Rentenpaket geht nach langer Verzögerung in den Bundestag. Im Mittelpunkt stehen zwei zentrale Maßnahmen: Das Rentenniveau soll langfristig bei 48 Prozent des Durchschnittslohns festgeschrieben werden. Das ist gut für die Rentner, aber schlecht für die, die noch einzahlen, denn die Beitragssätze steigen schneller als erwartet – weswegen die FDP Rabatz macht. Sie will lieber – und das ist ihre Forderung – das Sparen mit Aktien stärker für die Altersvorsorge nutzen und entsprechend fördern. Aktien allerdings sind in der konservativen SPD noch immer eher Teufelszeug und Spekulantengold. Die Rente ist der mit Abstand größte Posten im ganzen Haushalt. Eine grundsätzliche Reform wäre hier dringend nötig. Bislang hat keine Regierung in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten die Kraft dazu aufgebracht.

  1. Flickschusterei im Haushalt

Der Haushaltsentwurf für 2025 ist die geborene Sollbruchstelle für die Koalition. Er muss bis spätestens Ende des Jahres stehen, aber bislang fehlen noch zwölf Milliarden Euro. Sachverständige haben zudem erhebliche Zweifel daran geäußert, dass der Haushaltsentwurf verfassungsgemäß ist. Lindner will deswegen die Förder-Milliarden, die er spart, weil Intel nun doch kein Interesse mehr hat, nach Magdeburg zu kommen, zur Haushaltsentlastung nutzen. Rot und Grün verplanen das Geld dagegen gerade munter anderswo. Ohne einen beschlossenen Haushalt für 2025 wird das Weiterregieren für die Ampelkoalition unmöglich.

  1. Tariftreue bis zum Umfallen

Die Wirtschaft schwächelt und hat im September ihre Talfahrt noch mal beschleunigt. Die Stimmung in den Unternehmen hat sich weiter verschlechtert, Deutschland steuert auf eine Rezession zu. Zu diesem Ergebnis kommen aktuell die Konjunkturexperten des Münchner Ifo-Instituts. Die Bundesregierung will darauf mit einer Wachstumsinitiative reagieren, die sie bereits im Juli angekündigt hat, von der aber bislang wenig in Sicht ist. Im Gegenteil. Es kommen neue Hemmnisse. So will die SPD, dass Firmen, die für den Bund arbeiten, nach Tarif bezahlen. Dabei müsste der Auftragnehmer auch alle beteiligten Subunternehmer verpflichten, den Tarif einzuhalten – sonst könnte es zu Strafzahlungen kommen. Lindner hält das für das nächste Bürokratiemonster, das die Unternehmen lahmlegt.

  1. Schluss mit der Naivität bei der Migration

Beim Thema Migration sagt Lindner, dass es „künftig null Euro“ vom deutschen Steuerzahler für ausreisepflichtige Flüchtlinge geben soll. Und er geht dazu noch weiter: Eine Änderung des Grundgesetzes, um die Migration in Deutschland einzudämmen, würde er mitmachen. „Es darf in Sachen Migration keine Denkverbote geben“, schreibt der FDP-Vorsitzende auf X. Das könne auch heißen, „dass wir internationales, europäisches oder deutsches Recht ändern müssen“. „Ich kann die Bedenken, die geäußert werden, und auch teilweise die Naivität kaum mehr ertragen.“ Deutschland müsse sein Recht beanspruchen, zu entscheiden, wer nach Deutschland kommt, wer hierbleiben darf und wer nicht“, sagte er in einem Interview. Das sei für ihn „eine Frage der Liberalität“. SPD und Grüne sind strikt gegen eine Grundgesetzänderung.

Wahrscheinlich reicht keines dieser Themen für sich genommen. Und wahrscheinlich regieren Lindner und seine Truppe auch deswegen so lange mit, weil es am Ende um eine sichere Altersvorsorge für FDP-Minister und -Staatssekretäre geht, die nach einer kompletten Legislatur-Periode höher ausfällt als nach einer, die nur drei Jahre dauerte. Die FDP kann sich trösten, denn auch sie steckt nur in einer Routine. Es ist wie in einer schlechten Beziehung: Erst funktioniert der Sex nicht, dann gibt es Streit, und am Ende geht es um die Abfindung.

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