Innovation & Future Wenn Gründer zu Soldaten werden

Wenn Gründer zu Soldaten werden

Harte Probe für Startups

Keine Frage: Israels Krieg stellt das Land, das mehr Startup-Unternehmen pro Kopf als das Silicon Valley aufweist, auf eine harte Probe. Laut einer Umfrage der Israel Innovation Authority und des Start-Up Nation Policy Institute (SNPI) müssen aufgrund der aktuellen Situation mehr als 70 Prozent der Startups Aufträge und Projekte verschieben oder stornieren, während andere mit Finanzierungsproblemen zu kämpfen haben. Durch die Verlangsamung der Kapitalbeschaffung und die Einberufung von Mitarbeitern zum Reservistendienst aufgrund des Krieges stünden viele High-Tech-Unternehmen vor echten Herausforderungen, heißt es von der Israel Innovation Authority.

Allerdings sind die aktuellen Probleme inzwischen unheimliche Routine: Seit der Gründung im Jahr 1948 befand sich Israel mehrfach im Krieg und im Überlebensmodus. Aus diesem Grund wurden die eigenen Verteidigungsfähigkeiten ausgebaut, militärische Innovationen entwickelten sich aus geopolitischen Bedürfnissen. In Israel besteht sowohl für Männer als auch Frauen mehrere Jahre Wehrpflicht. Viele Tech-Ingenieure starteten daher ihre Karriere im Militär. Beispielsweise entwickelte Dov Moran in den 1990er-Jahren Verschlüsselungstechnologien bei der Marine. Ein paar Jahre später, mittlerweile in der Privatwirtschaft angekommen, erfand er mit seiner Firma M-Systems den USB-Stick. Das „Silicon Wadi“ rund um Tel Aviv und andere Städte in Israel gilt als eines der globalen Zentren für Spitzentechnologie. Die Anlehnung dieses Übernamens an das originale „Silicon Valley“ in Kalifornien – „Wadi“ ist arabisch für „Tal“ – soll dies verdeutlichen. Auch der erste 3D-Drucker stand hier.

Das Militär als Schule fürs Unternehmertum

Nechemia Peres ist globaler Investor und Sohn des ehemaligen Staatspräsidenten und Friedensnobelpreisträgers Shimon Peres. In einem Interview bezeichnete er kürzlich das israelische Militär als „eine großartige Schulung für Führung, Unternehmertum und Innovation“. Die israelischen Streitkräfte spielten eine wichtige Rolle bei der Ausbildung vieler junger Menschen. „Sie zwingen sie dazu, Entwicklungen und Projekte termingerecht abzuliefern und akzeptieren keine Fehler. Ich denke, die israelischen Verteidigungsstreitkräfte dienen wahrscheinlich als eine der fortschrittlichsten und fähigsten Schulen für Unternehmertum und Innovation.“ Sie verlangten, groß zu denken, Verantwortung zu übernehmen, alles herauszufordern und „am Ende des Tages besteht ein großer Druck bei allem, was du tust. Denn es geht um die Sicherheit Israels angesichts all der Herausforderungen, die uns umgeben.“

Israels Innovationsvielfalt ist nicht nur für die israelische Wirtschaft von großer Bedeutung, sondern auch für die Wirtschaft weltweit, da viele Länder von israelischen Waren und Dienstleistungen, insbesondere aus dem Technologiesektor, abhängig sind. Dies zeigt die starke Exportquote des Landes. „Israel ist ein relevanter Standort von mehr als dreihundert der weltweit größten Unternehmen wie etwa Siemens, Ford und Microsoft“, erklärte Ester Elias, Gesandte für Wirtschaft und Handel in der israelischen Botschaft in Berlin.

Dies resultiere auch aus der besonderen Förderung über Unterstützungsprogramme der Regierung. Die Regierungsorganisation „Israel Innovation Authority“ fördert Startups jeder Größe. Die Gründung könne dabei zum Beispiel mit bis zu 50 Prozent aus staatlichen Mitteln finanziert werden. Startups müssten im Gegenzug im Erfolgsfall einen geringen Prozentsatz ihres Gewinns an den Staat zurückzahlen, im Fall des Scheiterns fordere der Staat nichts zurück. Die staatliche Förderung und die niedrigen Hürden einer Unternehmensgründung würden seit Jahren dazu führen, dass viele junge Menschen die Gründung eines Startups anstrebten. Mehr als zehn Prozent der israelischen Unternehmer würden dabei mehr als ein Unternehmen gründen. Der Hamas-Angriff vor einem Jahr traf die israelische Tech-Branche allerdings in einer ohnehin schon unsicheren Zeit. Inzwischen springen der Staat und sogar Freiwillige in die Bresche, um die wacklige Finanzierung von Startups zu retten.

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