Personal Finance Was geschieht wirklich mit dem Bürgergeld? 

Was geschieht wirklich mit dem Bürgergeld? 

  1. Ist das Bürgergeld Einkommen genug, um es sich bequem zu machen? 

Beiträge über die Frage, wieviel ein Bürgergeldbezieher denn zum Leben hat, verglichen mit einem Berufstätigen, erhitzen die Gemüter zuverlässig. Beliebt sind Gegenüberstellungen eines Busfahrers zum Beispiel, eines Pflegers oder einer Krankenschwester, mit einem ungelernten Bezieher der Sozialleistungen, der aufgrund vieler Hemmnisse wie etwa Sprache kaum vermittelbar ist. In der Tat sind die Regelsätze mit 563 Euro (Alleinstehende) und 506 Euro für Verheiratete je Person nicht üppig, insbesondere nicht in großstädtischen Regionen. In Hamburg oder München kommt man damit nicht weit. Pro Kind gibt es dann noch zwischen 357 und 471 Euro monatlich. Hinzu kommen allerdings weitere Leistungen etwa zum Wohnen und Heizen. Gleichzeitig steigen die Geldtransfers ins außereuropäische Ausland, vor allem eben in die Herkunftsländer der meisten Migranten, was als Beleg dient, dass sich vom Bürgergeld so gut leben lässt, dass noch etwas übrig bleibt. Die Sozialverbände wie der Paritätische Wohlfahrtsverband, die Institutionen wie Diakonie und Caritas machen allerdings eine andere Rechnung auf: Wer ohne Stigma am gesellschaftlichen Leben teilnehmen möchte, ist mit dem reinen Bürgergeldbezug kaum dazu in der Lage. Dies geht von das Annahme aus, dass Kinder ordentlich gekleidet und ernährt zur Schule gehen, Bücher und andere Medien zur Verfügung haben sollten und dass für Erwachsene ein Kino- oder Restaurantbesuch kein No-Go sein dürfe.  

  1. Stimmt es, dass skrupellose Abgreifer das Geld nur so verprassen? 

Die gibt es. Immer wieder tauchen gut belegte Beispiele auf, wie Abzocker das Geld, das ihnen der Staat und seine Steuerzahler auszahken, für sich arbeiten lassen. Berühmter Fall der eines mutmaßlichen Nigerianers, der durch Übernahme zahlreicher Vaterschaften mit wohl entsprechender Provision seinen glitzernden Fuhrpark finanziert und ihn auch gern vorzeigt. Mit dem Bürgergeld für über 40 Kinder lässt sich dort leben. Andere fallen auf, wenn zum Beispiel nach einer Festnahme herauskommt, dass sie unter verschiedenen Namen bei Jobcentern quer durch die Republik ihre Bezugsquellen haben. Oppositionspolitiker schätzen die Dunkelziffer dieser Menschen auf mehrere hunderttausend im Bundesgebiet. Die Arbeitsagenturen führen dazu natürlich keine aussagekräftige Statistik, können es ja auch nicht. Die im Volksmund  „Totalverweigerer” genannten Bezieher, die weder (regulär) arbeiten wollen noch an Maßnahmen der Jobcenter teilnehmen, sind als Verweigerer aller Angebote durchaus bekannt, ihre Zahl fällt aber offiziell nicht ins Gewicht. Bundesweit wurden zuletzt knapp 20.000 Sanktionen gegen solche „Kunden” verhängt. Was auch damit zu tun hat, dass Sanktionen bei der Einführung des Gesetzes als nicht entscheidend betrachtet wurden und man eher vom Mitwirkungswillen der Berechtigten ausging. Auch gibt es keine Möglichkeit der Jobcenter, Schwarzarbeit aufzudecken – zwischen den Agenturen und dem ermittelnden Zoll stehen unüberwindliche Brandmauern statt Vernetzung. Mit der durchgreifenden Ermittlung von Schwarzarbeit, so zeigen es Studien mehrerer Wirtschaftsforschungsinstitute, ließen sich rund 140.000 Vollzeitstellen schaffen, von den eingesparten Mitteln des Arbeitsministeriums fürs Bürgergeld ganz zu schweigen. 

  1. Das Bürgergeld ist womöglich nicht reformierbar, soll man es wieder abschaffen? 

Wie schiebt man dem Missbrauch nun einen Riegel vor? Und bringt Leute wirklich in Arbeit? Gerade in den letzten Tagen hat die Bundesregierung einige Reformen auf den Weg gebracht – aufgeschreckt auch durch die nackten Zahlen, die gewissen politischen Kräften gern als Beispiele für eine Fehllenkung dienen. Frank-Jürgen Weise, ehemaliger Chef der Bundesagentur für Arbeit, kritisierte vor kurzem die hohe Zahl jener, die bereits in jungen Jahren sich ein Leben ohne Berufstätigkeit eingerichtet hätten. Das sei „nicht hinnehmbar”, und er wies dazu auf die schlechte Organisation der Jobcenter hin, die in Bürokratie erstickten und kaum ihre eigentlichen Aufgaben erfüllen könnten. Ehemalige Führungskräfte der Bundesagentur pflichten bei: Wer mit einfachem Lohn am Ende des Monats weniger habe als der Sozialleistungsempfänger, der womöglich noch schwarz hinzuverdiene, dem sei das System nicht zu vermitteln. Die Bundesregierung will nun gegensteuern – es werden für das Bürgergeld 2025  „nur” 25 Milliarden Euro veranschlagt (in diesem Jahr sprengt der zusätzliche Milliardenbedarf schon jede Planung), es gibt eine strengere Meldepflicht für die Bürgergeldempfänger. Das Bundeskabinett beschloss zudem eine Sanktion für Bezieher, die eine zumutbare Tätigkeit ablehnen – der Bezug soll dann direkt um 30 Prozent gekürzt werden. Derartige Sanktionen waren mit dem Ende von Hartz IV abgeschafft worden, weil man sie „diskrimierend” fand. Es könnte sein, dass nach und nach vieles des ehemaligen Mottos „fordern und fördern” wieder Eingang ins Gesetz finden. Bis das so weit ist, müssen nicht nur die “Ampel”-Fraktionen sich einig werden, sondern auch die teils betroffenen Bundesländer zustimmen, die sich bereits in ihren Rechten übergangen sehen. Und die Jobcenter, die ihre heutigen Aufgaben kaum stemmen können, müssten gewaltige Mittel und neue Stellen erhalten. Es wartet die Großreform der Reform. 

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