Innovation & Future Gesellschaftlicher Sprengstoff: Wenn eine KI-Lösung die Hälfte  aller deutschen Arbeitsplätze überflüssig macht   

Gesellschaftlicher Sprengstoff: Wenn eine KI-Lösung die Hälfte  aller deutschen Arbeitsplätze überflüssig macht   

Ich bin kein Zyniker 

Daran arbeite ich mit aller Kraft – und versteht mich nicht falsch: Ich bin kein Zyniker und mir macht es nicht Spaß, dass Büroarbeitsplätze wegfallen. Doch sie werden durch die rasante Weiterentwicklung von KI überflüssig. „Hören wir das nicht seit 40 Jahren, spätestens seit der flächendeckenden Einführung von PC in Unternehmen?“, mögen sich jetzt manche fragen. Sicher: In den letzten Jahrzehnten haben uns Rechner und das Internet dabei geholfen, effizienter zu arbeiten, ohne dass die Massen arbeitslos wurden. Das Ergebnis: Wir wurden alle produktiver und schaffen heute an einem Tag das, wofür wir früher eine Woche benötigten. Doch dieses Mal sind die Dimensionen anders. Diesmal wird KI Jobs direkt ersetzen, weil Arbeit von ganzen Berufsgruppen und Unternehmensteilen automatisiert werden. Wer gebraucht wird: All jene, die das organisieren, kontrollieren und vor allem programmieren. 

Nehmen wir mal die Buchhaltung. Früher hat ein Mitarbeiter einen halben Tag damit verbracht, um 50 Belege zu prüfen, hochzuladen und abzugleichen. Heute dauert das  wenige Minuten. In naher Zukunft wird eine KI 1.000 Belege am Tag verarbeiten – und das ohne den Menschen als Faktor für etwaige Fehler. Was bedeutet das? Statt 100 Buchhalter brauchst du später noch 10 – und wenn alles richtig läuft, gar keinen mehr. Wir benötigen übrigens zwei Tage, um solche Prozesse technisch abzubilden. 

Effizienzsprung hoch zehn

Für den einzelnen Betrieb ist das ein Effizienzsprung wie von einem anderen Stern. Doch gesellschaftlich ist es ein Pulverfass, völlig klar und ich habe auch keine Antwort auf die Frage, was wir mit den restlichen 90 Buchhaltern machen. Ich weiß nur: Diese Entwicklung kommt. Und natürlich ist es keine Lösung, da einfach nicht mitzumachen, sich dem zu verweigern und die Arbeitsplätze dadurch „zu sichern.“ Denn sie sind nicht sicher, da die Konkurrenz KI und APA nutzen wird – und so würde gleich die gesamte Firma vom Markt gefegt. Dasselbe kann man auf gesamte  Volkswirtschaften übertragen. Keiner kann hier die Schotten dichtmachen. 

Das bedeutet aber auch: Unternehmen und Volkswirtschaften, die eine KI-First-Strategie verfolgen, werden ihren Output drastisch steigern und so ihr Überleben sichern. Wo liegen dann noch die Job-Chancen? Ich kann sagen: Menschliche Kreativität lässt sich in den nächsten zehn Jahren, und womöglich auch darüber hinaus, nicht ersetzen. Man erkennt nach wie vor, ob ein Text von einer KI oder einem Menschen geschrieben wird. Kreativität wird immer einen Platz auf dem Arbeitsmarkt haben, denn hier stoßen KIs an ihre Grenzen. Aber nicht jeder kann plötzlich Journalist, Schriftsteller, Designer oder Regisseur werden. Der Druck auf die Gesellschaft wird enorm, und darauf sind wir überhaupt nicht vorbereitet. 

These: Kann fast komplett weg – die öffentliche Verwaltung 

Und dabei haben wir noch nicht einmal über jenen Bereich geredet, wo die meisten der oben beschriebenen Büro-Jobs liegen: in der öffentlichen Hand. Dort könnten Millionen Beamten- und Angestelltenstellen wegfallen, die wir alle teuer bezahlen: Alle möglichen Bescheide, die ohnehin auf Basis von gesetzlichen Regeln und Berechnungsgrundlagen funktionieren, könnten vollautomatisch ausgestellt werden – mit obendrein drastisch geringerer Fehlerquote. Hast Du schon mal einen simplen Verkehrsunfall bei der Polizei zu Protokoll gegeben? Das dauert mindestens eine Stunde, in der der Beamte an den Schreibtisch gefesselt ist. Und danach kommt die nächste Anzeige. All dies geht demnächst anders. Das Prüfen von Abrechnungen – Heerscharen von Krankenkassenmitarbeitern tun dies (und sind durch ihre Nachfragen für einen Großteil der Bürokratie bei Ärzten verantwortlich) – und Zehntausender anderer Standardverwaltungsvorgänge könnte ebenfalls eine KI komplett übernehmen. Hier reden wir dann nicht mehr von 50, sondern von 99 Prozent Jobs, die wegfallen. 

Ob sich da wohl jemand rantraut? Keine leichte Aufgabe für Entscheider und Politiker. Doch wer sich dem verweigert, schickt sein Unternehmen oder Land auf Talfahrt. Deutschlands Absturz, in Teilen jetzt schon sichtbar, wäre dann beschleunigt. Mein Text ist daher auch als Warnung und Hoffnung zu sehen, dass es dazu nicht kommt. 

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