Female Entrepreneurship Die Arbeiterführerin: Wer ist Daniela Cavallo?

Die Arbeiterführerin: Wer ist Daniela Cavallo?

Nachdem VW schon Anfang September harte Einschnitte verkündet hatte, begannen zähe Verhandlungen mit der Arbeitgeberseite. Cavallo hatte bis dahin bereits eine Verringerung der Stellen bei VW via Fluktuation, Vorruhestand und Abfindungen mitgetragen. Nun aber kündigte VW-Markenchef Thomas Schäfer das Abkommen, das seit 1994 betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen hatte. Damit ist der Weg frei, ab 2025 auch Leute zu entlassen.

Daniela Cavallo kündigte bereits “erbitterten Widerstand” gegen die umfassenden Streichungen an. Die Arbeitnehmer dürften nicht für falsche Managemententscheidungen haftbar gemacht werden. Ins gleiche Horn stieß gerade ein Regierungssprecher für Olaf Scholz, der Fehlentscheidungen der Konzernleitung anprangerte, obwohl ja die gesamte Industrie in Schwierigkeiten ist, keineswegs nur VW. Ähnlich äußerte sich Stephan Weil, der niedersächsische Ministerpräsident. Das Land hält 20 Prozent der Stimmrechte des VW-Konzerns, die Mehrheit liegt indirekt bei den Familien Piech und Porsche. Aufgrund des VW-Gesetzes aber kann gegen die Staatsbeteiligung keine weitreichende Entscheidung getroffen werden.

Am Dienstag wandte sich nun der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftschaftsforschung (DIW Berlin), Marcel Fratzscher, gegen eine Einflussnahme der Politik auf das Geschehen bei VW: “Die Politik muss sich aus den unternehmerischen Entscheidungen strikt heraushalten…Entscheidungen bei Volkswagen müssen ausschließlich auf der Grundlage getroffen werden, was den Konzern wieder wettbewerbsfähig und innovativer macht”. Den Gewerkschaften schrieb der als SPD-nah geltende Fratzscher aber auch ins Stammbuch: “Sie können nicht einerseits sieben Prozent mehr Gehalt fordern und andererseits Kosteneinsparungen bei Volkswagen kategorisch ablehnen”. Damit würden sie ihren Mitgliedern “Schaden zufügen”. 

Daniela Cavallo ist sicherlich zu klug, die Vorhaben der Unternehmensführung als völlig unbegründet abzutun. Denn die Fakten sprechen eine deutliche Sprache. “Wir sind an den deutschen Standorten nicht produktiv genug und liegen aktuell bei den Fabrikkosten 25 bis 50 Prozent über dem, was wir uns vorgenommen haben”, teilte das Management mit. Damit seien einzelne deutsche Werke «doppelt so teuer wie der Wettbewerb”. Auch die weiteren Kennzahlen von VW sprechen eine deutliche Sprache, wobei neben hohen Arbeitskosten auch die derzeitigen deutschen Standortbedingungen mit hohen Steuern, teurer Bürokratie und anderen Belastungen die Hauptrolle spielen, an denen Tarifpartner nichts ändern können. Auch die schleppende Nachfrage nach den seitens Bundesregierung und EU forcierten Elektroautos liegt nicht allein an den vergleichsweise hohen Preisen der VW-Modelle oder der billigen Konkurrenz aus China, die zudem nun mit Importzöllen gebremst werden soll. Andererseits: Auch nicht unbedingt gut für VW und seine China-Aktivitäten.

Für Cavallo muss es darum gehen, die Auswirkungen auf die Stammbelegschaft von 120.000 Leuten möglichst erträglich zu halten. Die Arbeiterführerin neuen Stils jedenfalls ergriff bereits geschickt die Initiative, indem sie Anfang der Woche das Heft des Handelns in die Hand nahm und die aus Gewerkschaftssicht toxischen Pläne der Konzernleitung kurzerhand selbst den Mitarbeitern und der Öffentlichkeit präsentierte. Der zu erwartende Proteststurm trat unvermeidlich ein und präsentierte dem Management wie auch der Politik gleich einmal ein Beispiel dafür, auf welche Art von Granit man bei den kommenden Verhandlungen und insbesondere bei der Betriebsratschefin beißen dürfte. Ob bekannte Gewerkschaftsrituale bei dieser Konfliktlage allerdings zum Erfolg führen, wird sich auch Daniela Cavallo fragen müssen. Für innovative Ansätze wäre jetzt der richtige Zeitpunkt.

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