Green & Sustainability Der Baumflüsterer!

Der Baumflüsterer!

Mal ehrlich, gibt es Momente, in denen du dich fragst, ob der Kampf für die Natur gegen den Klimawandel jemals wirklich gewonnen werden kann? Wie motivierst du dich, wenn es mal schwierig wird?

Für mich ist es nicht nur ein Kampf gegen den Klimawandel, sondern wir setzen uns für mehr Lebensräume für die Natur und Tierwelt ein. Das eine geht mit dem anderen einher. Ein amerikanischer Biologe E.O. Wilson stellte die These auf, dass wir nur überleben können, wenn wir 50% unseres Planeten der Natur und Tierwelt überlassen. Und warum sollten wir es nicht tun? Ist es nur unser Planet? Er gehört niemandem oder jedem Lebewesen und damit auch jedem Tier und jeder Pflanze. Wir betreiben gerade einen Kampf gegen die Natur, gegen die Arten und damit gegen uns selbst. Diesen Kampf werden wir nicht gewinnen können. Entweder wir erkennen das und ändern unser Mindset oder es wird den Menschen eben irgendwann nicht mehr geben. Dann ist das eben so. Wir retten das Klima nicht nur für uns. Wir haben damit Lebensräume für viele Menschen, aber auch viele Pflanzen und Tiere zerstört und eine Verantwortung auch ihnen gegenüber. Wir möchten gerne mit eurer Unterstützung Lebensräume für die Natur in die Gemeinnützigkeit kaufen und unter Schutz stellen. Heute sind es nahezu 1.000.000 qm Land, die wir seit 2017 geschützt haben. Warum sollen es 2030 nicht 1.000.000.000 qm oder mehr Land sein. Und nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit. Wir arbeiten daran. Mehr Bekanntheit und mehr Leuchttürme, die unsere Botschaft in die Welt hinaustragen, können uns helfen. Und es ist wichtig, dass die Flächen in die Gemeinnützigkeit gekauft werden, so dass sie nicht irgendwann doch zu einem Supermarkt werden. Und: Nur weil es schwierig ist, heißt es ja nicht, dass es nicht richtig ist. Wir tun das Richtige und viele werden das bemerken und uns dabei unterstützen. Im Rahmen einer sozialen oder freien Marktwirtschaft der westlichen Welt ist diese Vorgehensweise die Richtige, um dem Flächenfraß entgegenzutreten. Allein in Deutschland werden jeden Tag etwa 66 ha Fläche versiegelt, weg von Natur, hin zu Parkplatz, Supermarkt, Straße und Co. Das sind mehr als 66 Fußballfelder, jeden Tag und nur in Deutschland. Wir sprechen von Insektensterben und Artenrückgang, aber wo sollen die Insekten und Tierarten denn ihr Zuhause haben?

Wenn du eine Superkraft für den Naturschutz wählen könntest, welche wäre es – und warum genau diese?

Dass Tiere und Pflanzen sprechen und Menschen zuhören könnten. Wobei Tiere und Pflanzen das können, aber der Mensch versteht sie nicht und glaubt, dass seine Sprache die einzig richtige ist und dass Tiere und Pflanzen das nicht können.

38 Hektar im UNESCO-Biosphärenreservat – ein ordentliches Stück Natur. Ist das nur der Anfang des Waldimperiums von GFF, oder sind euch schon die Forstwirtschafts-Lobbyisten auf den Fersen?

Wir haben in Lenzen mittlerweile mehr als 60 Hektar im UNESCO-Biosphärenreservat und sind gerade dabei, weitere 20 Hektar zu erwerben. Es soll erst der Anfang sein. Und Lobbyisten der Forstwirtschaft haben uns schon von Beginn an im Visier. Zunächst einmal hat mich einer davon damals zum Start unseres Projektes über viele Dinge aufgeklärt, die er mir so heute vermutlich nicht mehr sagen würde, nachdem er weiß, was ich daraus gemacht habe. Aber ich wusste damals selbst nicht, was ich mit den Informationen anfangen soll. So kam eins zum anderen. Heute haben wir leider keinen Kontakt mehr. Er war ein Freund meiner Familie und im Forstbetrieb BW eine bedeutende Größe.

Brachland und Kiefermonokulturen in Urwälder zu verwandeln klingt nach einer Menge Arbeit – wie viele Baum-Tracker müsst ihr denn aufstellen, um sicherzustellen, dass alles so natürlich wächst, wie es soll?

Der Baumtracker ist nur ein Instrument, das der Transparenz des Projekts dient, denn Spenderkönnen damit ihren gespendeten Baum tracken und nachvollziehen, wann er wo gepflanzt wurde – sozusagen das Leben des gespendeten Baumes nachvollziehen. Aber das Umwandeln von Brachland und Kiefernmonokulturen ist viel Arbeit, mehr als ich mir damals vorstellte. Und zwar nicht forstwirtschaftlich, sondern vor allem wegen der Bürokratie und den erforderlichen Genehmigungen, die einem eine Umwandlung schwer machen. Als Beispiel ist nicht klar, wann in Deutschland Wald als Wald zu bewerten ist, denn nur für Wald benötigt man eine Aufforstungsgenehmigung, die aus vier einzelnen Genehmigungen besteht und leitend vom Landwirtschaftsamt erstellt werden muss. Für mich ein Fehler im System, denn fragen Sie mal einen Metzger, ob Sie vegan werden sollen. Genauso wissen sie, wie die Meinungen und Sympathien verteilt sind, wenn man aus einem Acker Wald machen will und dass die Landwirtschaftsbehörde entscheidet, die die Genehmigungen der unteren Naturschutzbehörde einholt, die wiederum einen Ehrenamtsbeauftragten an die Flächen schickt, um zu sehen, ob dort seltene Orchideen, Feldhamster oder Feldlerchen zu finden sind. Hier genügt im Übrigen die reine Behauptung eines solchen Fundes, und wir müssen gutachterlich das Gegenteil beweisen. Oft spielt hier Politik und das erfundene Vorhandensein solcher Tierchen eine Rolle. Und dann ist da noch die Forstbehörde, die das Vorhaben genehmigen muss, die Behörde, die man wegen der hohen forstwirtschaftlichen Nutzung der Wälder kritisiert. Und zu guter Letzt muss das Vorhaben durch den Gemeinderat oder Stadtrat mit Mehrheitsentscheid genehmigt werden; erst dann wird die Genehmigung erteilt. Ein häufig aussichtsloses Unterfangen, insbesondere weil in den Räten in der Regel Landwirte sitzen, die etwas dagegen haben, dass aus Acker Wald wird. Ich könnte ein Buch zu meinen skurrilen Erfahrungen schreiben. Wenn Sie einen Verlag kennen: gerne!

Keine forstwirtschaftliche Nutzung – wir verstehen, hier wird kein Geld gemacht. Was sagt der Kapitalismus dazu, wenn ihr den Wäldern quasi eine „Job-Kündigung“ erteilt?

Teile davon habe ich ja bereits beschrieben. Man gewinnt keinerlei Sympathien in den Stadt- oder Gemeinderäten, beim Landwirtschaftsamt und den anderen Behörden. Es gibt noch nicht mal in den Gesetzen unsere Themen; entweder gibt es die Forstwirtschaft oder die Landwirtschaft, aber nicht eine Flächennutzung ohne wirtschaftliche Zwecke. Es gibt sogar eine Mähpflicht in Deutschland für landwirtschaftliche Flächen, selbst wenn sie an keinen Landwirt verpachtet sind. Einfach, um die landwirtschaftlichen Flächen zu erhalten, obwohl das meines Erachtens ein extremer Eingriff in unser Eigentumsrecht ist, und das übersteigt, was dem Thema Eigentum zuzuordnen wäre.

Auch die Jagd wird einfach auf unseren Flächen per Gesetz erstattet, obwohl wir das nicht wollen. Allerdings können juristische Personen ihre Flächen nicht von der Jagd befreien lassen, da juristische Personen kein schlechtes Gewissen haben können. Ein weiterer aus unserer Sicht unzulässiger Eingriff in Eigentumsrechte.

Hier haben sich unserer Meinung nach die großen wirtschaftlichen Interessen der Forst- und Landwirtschaft und der Jagdverbände wichtige Inhalte der Gesetze zu ihren Gunsten gesichert. Man muss ja nur mal den Aufschrei der Bauern Revue passieren lassen, der vor kurzem medial zu sehen war, nachdem verschiedene Vergünstigungen gestrichen werden sollten. Dabei erhalten Landwirte sehr viele Subventionen. Man kann online beim Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung ohne Weiteres nachschauen, wie viel Förderung welcher Landwirt erhält. Das Einzige, was man benötigt, ist der Name des Landwirtes und seine Adresse. Aber das ist ein gut gehütetes Geheimnis. Der deutsche Staat wollte wohl die Veröffentlichung durch die EU verhindern. So habe ich es durch einen Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörde gehört. Man war aber erfolglos dabei, auch beim EuGH, und so hat man es nur in den Tiefen des Internets versteckt.

Der Green Forest Fund hat bisher 33.000 Bäume gepflanzt – das sind umgerechnet etwa 16,5 Fußballfelder. Wie messt ihr den Erfolg eurer Arbeit jenseits von beeindruckenden Zahlen?

Für mich selbst sind diese Zahlen nicht beeindruckend, denn wir wollen viel mehr. Wir selbst machen einfach immer weiter, ohne etwas zu messen. Für uns wäre es ein Erfolg, wenn sich durch unser Projekt das Mindset der Menschen zu einem wertschätzenderen Umgang mit der Natur und Tierwelt verändern würde. Wir benötigen viel mehr unberührte Lebensräume, die nur der Natur und Tierwelt dienen, viel weniger Flächenfraß, viel mehr Bauen in die Höhe als in die Breite, viel mehr Zulassen von Wildnis und allem, was dazu gehört. Wer gibt uns das Recht, alles zu unterjochen und als unseres anzusehen, das dann auch nur Ertrag abwerfen soll?

Der Green Forest Fund steht für den Erhalt von Urwäldern – wie lange dauert es, bis ein gepflanzter Baum sich offiziell „urwaldtauglich“ nennen darf?

Wir schaffen die Urwälder von morgen. Wir werden diese nicht mehr zu Lebzeiten erleben. Ein Urwald entsteht nicht nach 99 Jahren oder nach 50 Jahren Pacht, so wie es mancher Wettbewerber gerne behauptet, sondern nach drei bis vier ungenutzten forstwirtschaftlichen Baumgenerationen. Ein Baum kann, wenn man ihn lässt, 1.000 Jahre und älter werden. In der Forstwirtschaft werden sie in der Regel nach durchschnittlich 100 Jahren gefällt. Durchforstungen beginnen schon nach 10 bis 15 Jahren. Drei bis vier ungenutzte Generationen bedeutet hier 300 bis 400 Jahre unberührter Wald.

In der Forstwirtschaft oder in wirtschaftlich angelegten Wäldern, auch von den NGO-Wettbewerbern, selbst wenn sie nachhaltig bewirtschaftet sind, werden Bäume so eng gepflanzt, dass sie keinen Asttrieb entwickeln, sondern in die Höhe wachsen. Von in der Forstwirtschaft 5.000 bis 10.000 pro Hektar gepflanzten Jungbäumen werden nach 80 bis 100 Jahren gerade mal 300 bis 400 Bäume ernte-reif erreichen. Das sind nach 80 bis 100 Jahren weniger als bei uns. Wir pflanzen zu Beginn 1.000 Bäume pro Hektar, und nach 80 bis 100 Jahren sind immer noch 1.000 da, wenn die Bäume es wollen, weil wir keine von uns gepflanzten Bäume fällen. Unsere Bäume dürfen ein selbstbestimmtes Leben führen. So entsteht der Urwald von morgen mitten in Deutschland.

Euer Ansatz klingt nach der ultimativen Natur-Renaissance – was sagt ihr zu Kritikern, die behaupten, Aufforstungsprojekte seien nur „Greenwashing mit Bäumen“?

Wir forsten ja nicht nur Bäume auf, sondern schaffen damit unberührte, neue Lebensräume für die Natur. Unser Projekt ist viel mehr als nur Bäume pflanzen. Und wir sorgen zum Beispiel in Binau mit 30 verschiedenen Baumarten für neuen Artenreichtum, weil unser Fokus nicht darin liegt, die Bäume später zu vermarkten, sondern möglichst Gutes für die Natur und Tierwelt zu tun. So sind es dann auch Speierlinge, Wildäpfel, Wildbirnen und andere selten gewordene Baumarten, die wir standortgerecht pflanzen. Aber daneben machen wir aus Ackerflächen auch wilde Wiesen und schützen durch die Urwaldspende auch bestehende Wälder, die wir aus der wirtschaftlichen Nutzung nehmen.

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