Green & Sustainability Der Baumflüsterer!

Der Baumflüsterer!

Vom Banker zum Baumflüsterer – klingt wie der Plot eines Abenteuerromans, ist aber die reale Geschichte von Thorsten Walter, Gründer des Green Forest Fund. Was einst als mutiger Schritt raus aus der sicheren Bankkarriere begann, hat sich inzwischen zu einem wegweisenden Projekt für den Natur- und Artenschutz entwickelt. Thorsten, der heute mit seinem Hund Eddie durch Wälder streift, hat nicht nur 33.000 Bäume gepflanzt, sondern auch den kritischen Blick auf den Spagat zwischen Idealismus und den Herausforderungen einer modernen Non-Profit-Organisation geschärft. Seine Vision: Mehr unberührte Lebensräume für Flora und Fauna.

Und auch wenn ihn das hektische Business-Leben nicht ganz losgelassen hat – seine Mission ist klar: Urwälder schaffen, Natur schützen, und dabei den Kapitalismus ein wenig in die Schranken weisen. Mit dem jüngsten Erwerb von 38 Hektar Land im UNESCO-Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe-Brandenburg pflanzt der Green Forest Fund nicht nur Bäume, sondern auch Hoffnung – auf eine grünere, wildere Zukunft.

Thorsten, von der Bank zum Baumflüsterer – wie erklärt man diesen Karrierewechsel eigentlich beim Klassentreffen?

Ich kann mich sehr gut daran erinnern, wie ich mir die Frage stellte: Wie erkläre ich diesen Karriereschritt meinen Eltern und anderen Verwandten? Hey, ich höre mit dem Bankjob auf und pflanze jetzt Bäume. Das, was ich da aus der Verwandtschaft einstecken musste, war hart. Insbesondere die ständige Verunsicherung. Aber ich denke, dass das auch nachvollziehbar ist. Jeder, der aus dem Kreis der Herdenmentalität austritt, wird erstmal versucht zurück in den Kreis der Herde zu holen. Und natürlich könnte man bei Erfolg des Projektes den Beweis antreten, dass das Leben der anderen, die „nine-to-five“ Leben als normale Angestellte, langweilig war und damit womöglich nicht das ganze Potenzial aus dem eigenen Leben herausgeholt wurde. Es steckt also auch eine gewisse Schutzfunktion der anderen für sich selbst dahinter. Ich weiß noch, wie wir bei „Loot für die Welt“ im YouTube Space Berlin waren und wir während eines Interviews in 10 Minuten etwa 10.000 Euro Spenden einsammelten. Mein dem Projekt kritisch gegenüberstehender Schwiegervater rief mich direkt danach an und meinte: „Thorsten, mach weiter damit, ich habe noch nie in so kurzer Zeit so viel Geld eingenommen.“ Alles sprach damit für ein erfolgreiches Projekt, eine neue große NGO in Deutschland zu etablieren. Heute sind alle stolz auf mich und das Erreichte. Wir schmunzeln, wenn wir heute daran zurückdenken. Ich habe es durchgezogen und an mich geglaubt. Ich war mir und meinen Stärken selbst bewusst – selbstbewusst.

Du hast mit deinem Hund Eddie die Wälder erkundet, bevor der Green Forest Fund entstand. Was glaubt Eddie – wer von euch ist der eigentliche Chef?

Das ist ganz klar. Eddie ist der Chef. Ohne ihn gäbe es GFF tatsächlich nicht. Ich liebe ihn dafür. Ich sage immer: Ich habe ihm so ein Zeug wie Sitz und Platz beigebracht. Er mir Dinge wie Achtsamkeit, die Liebe und Verbundenheit zur Natur, dass auch Tiere fühlen, gute und schlechte Tage haben, Wut und Trauer, Freude und Genuss. Wie Henri Matisse sagte: „Es gibt für jeden Blumen, der sie nur sehen will.“

Tiere haben nur leider in den meisten Ländern nicht die gleichen Rechte wie der Mensch. Obwohl ich sehr dafür wäre. Dann wäre übrigens die Jagd auch Mord. Doch Tiere werden nach § 90a BGB wie Sachen behandelt.

Der Moment, als „dein“ Baum gefällt wurde, war offenbar ein Wendepunkt für dich. War das der klassische „Das war’s!“-Moment oder gab es auch Zweifel, ob der Wald wirklich der richtige Weg für dich ist?

Es war schon ein Wendepunkt, der mich dazu bewegte, mich mit dem Thema sehr intensiv auseinanderzusetzen. Doch ohne Eddie wäre ich nie im Wald gelandet und hätte mich mit Bäumen beschäftigt. Andererseits hat leider mittlerweile etwa 90% unserer täglichen Arbeit nicht direkt mit dem klassischen „im Wald draußen sein“ zu tun. Es geht mehr um interne Projekte wie die Einführung eines Logins, die Digitalisierung unseres Projektes, der Buchhaltung, dem Marketing und Fundraising. Die Bäume werden mittlerweile zum Großteil durch professionelle Forstunternehmen für uns gepflanzt. Ab und zu bin ich aus Freude und Leidenschaft auf unseren Flächen, schaue nach, ob alles gut ist und pflanze auch selbst Bäume. Ich kann mich dabei sehr gut entspannen.

Vom Unternehmensberater zum Natur-Retter – fehlt dir nicht manchmal das hektische Business-Leben, oder hat der Wald dich komplett entschleunigt?

Mein Leben ist immer noch sehr Business-like. Wir wollen Green Forest Fund an die Spitze der deutschen NGOs führen und auch weltweit bekannt machen. Dafür benötigt man viel Zeit und Kraft. Dazu kommt, dass ich seit einigen Jahren Vater bin und natürlich auch hier gefordert werde. Und Eddie würde gerne auch mit mir Quality Time verbringen. Wenn ich im Wald bin, entschleunigt es mich und natürlich habe ich vermutlich einen der schönsten Jobs in Deutschland.

Ihr seid ein kleines, aber engagiertes Team. Wie haltet ihr die Balance zwischen Idealismus und den harten Realitäten einer Non-Profit-Organisation?

Wir sind nur klein, weil wir vieles digitalisiert haben und deshalb klein sein können. Das hat sehr viel Kraft gekostet, dorthin zu kommen. Wir wollten immer die digitalisierteste NGO in Deutschland sein, wie eine Direktbank. Dadurch auch wenig Personal haben, um hohe Fixkosten zu vermeiden. Natürlich kostet die Digitalisierung am Anfang sehr viel, doch in the long run lohnt sich das dann auch durch niedrigere laufende Kosten.

Was sind die harten Realitäten? Für mich war es erschreckend und enttäuschend festzustellen, wie viel Schlechtes in diesem Sektor auch passiert und versucht wird unter dem grünen Deckmantel (wir sind die Guten) zu vertuschen. Egal, ob gemeinnützig oder nicht. Darüber hinaus gibt es immer mehr nicht gemeinnützige Wettbewerber, die erkannt haben, dass man mit Wilderness und Bäume pflanzen viel Geld verdienen kann. Dieser Baumpflanzer, der nicht gemeinnützig ist, sondern zum Beispiel als GmbH gewinnorientiert arbeitet, hat im Gegensatz zu gemeinnützigen Organisationen die Möglichkeit, diese eingenommenen Gelder irgendwann ins Privatvermögen zu überführen. Bei uns geht das nicht. Wir verwalten die Gelder treuhänderisch, haben Berichtspflichten und werden als gemeinnütziger Verein streng kontrolliert. Leider agieren wir am selben Markt und die Unterstützer erkennen diese Unterschiede häufig nicht und lassen sich von Lockangeboten oder deren Werbung verleiten oder soll ich sagen fehlleiten?

Wenn du zurückblickst, was war der mutigste Schritt auf deiner Reise vom Bankangestellten zum Naturaktivisten? Und was würdest du dem Thorsten von damals raten?

Sicherlich der Schritt weg von einem sicheren Job, hin zu einer ungewissen Zukunft mit der Gründung eines Vereins, keinem Investor und dem Verkauf einer gemeinsamen Vision: Mehr Urwälder in Deutschland. Es war nicht klar, ob unsere Vision von so vielen Menschen geteilt wird und diese uns dann auch finanziell unterstützen. Denn nur mit finanziellen Mitteln können wir weiter Flächen kaufen und der Natur und Tierwelt zurückgeben. Ich würde Thorsten raten, es wieder genauso zu machen.

Thorsten Walter, Gründer des Green Forest Fund

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