Leadership & Karriere Grünen-Beben: Warum der Traum von einer Öko-Volkspartei zerschellt ist

Grünen-Beben: Warum der Traum von einer Öko-Volkspartei zerschellt ist

Misstrauisch gegenüber den Deutschen 

Die Unwilligkeit, Fehler zu korrigieren, geht an anderer Stelle weiter: Die Grünen waren stets naive Befürworter offener Grenzen und Multikulti-Romantiker. „Jeder ist Ausländer – fast überall“, hieß das früher, und in der Zeit von Angela Merkels Wir-schaffen-das-Verheißungen bekannte Katrin Göring-Eckardt: „Unser Land wird sich ändern, und zwar drastisch. Und ich sag‘ euch eins: Ich freue mich darauf.“

Das klang wie eine Misstrauenserklärung gegenüber den Deutschen, solange sie nicht durch Zuwanderung veredelt sein würden, und passte zu Robert Habecks Bekenntnis, er habe „Vaterlandsliebe stets zum Kotzen“ gefunden und wusste „mit Deutschland noch nie etwas anzufangen und weiß es bis heute nicht“. Zwar entwickelte sich Habeck weiter, und als er das Buch mit diesem Zitat 2010 schrieb, bemühte er sich um die Entwicklung eines „linken Patriotismus“ – doch das sollte ein Patriotismus ohne Nation sein, als ein rein ideeller Rahmen hehrer Grundsätze von Liberalität, Gerechtigkeit und Internationalität. Hat er, der promovierte Intellektuelle, bis heute nicht verstanden, dass dies einen deutschen Sonderweg in Europa bedeutet, dessen übrige Staaten zumeist nicht mehr den Nationenbegriff des 19. Jahrhunderts, wohl aber modernisierte Ableitungen davon für ihre Identitäten zugrunde legen? Die Grünen indes, als Kinder der Romantik im Kern deutscher als alle anderen Deutschen, möchten mit ihrem postnationalen Selbstverständnis einmal mehr die Welt retten.

Häufig treten sie auf als Anwälte einer Tyrannei der Tugend: Flugreisen, Autos, insbesondere solche mit Verbrennermotoren, Ölheizungen, Schweinenackensteaks, Werbung für Süßigkeiten, das eigene Häuschen im Grünen, Silvesterböller, Indianerkostüme für den Karneval, alles das wurde unter üblen Verdacht gestellt oder soll gar verboten werden. Aber die Wähler merken, dass auch Grüne nicht nach solchen Kriterien leben, etwa wenn sich die Außenministerin in der Nacht für den kurzen Weg von Luxemburg nach Frankfurt/M. mit einer Regierungsmaschine fliegen lässt, anstatt die Strecke chauffiert im Dienstwagen oder noch besser mit dem Zug zu absolvieren. Oder wenn grüne Politiker auf Instagram mit Fernreisen prahlen, die man anderen vermiesen möchte. So wird Wasser gepredigt und Champagner getrunken. Dass man das Klima besser schützt, wenn man mit Hochdruck etwa an Kernfusion arbeitet, anstatt nur auf Sonne und Wind zu hoffen, oder indem man echtes Fleisch aus Stammzellen im Labor entwickeln lässt, um eines Tages Weideflächen einzusparen, sollten nachvollziehbare Ideen sein. Die Grünen aber denunzieren die Erforschung der Kernfusion als Geldverschwendung und träumen weiter davon, dass wir unser Klima durch Verzicht in jedweder Form retten – obwohl der prognostizierte Zuwachs der Weltbevölkerung von jetzt acht auf demnächst zehn Milliarden Menschen zu einem höheren Energiebedarf führen wird, nicht zu einer Reduzierung.

Der Rücktritt des Grünen-Vorstands bedeutet nicht das Ende der Grünen. Aber die Träume von einer Öko-Volkspartei sind an der Realität zerschellt. In der harten Gegenwart bedarf es einer Politik, die das Machbare auslotet, anstatt Dogmen zu verewigen.

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