Green & Sustainability Klimawandel andersrum – Kassandra hat jetzt Pause!

Klimawandel andersrum – Kassandra hat jetzt Pause!

„Apocalyptic Optimism“ ist der Versuch, trotz drohender Krisen die Menschen weit weg von mahnenden Worten mit Positivität zum Mitmachen zu bewegen.

Diese Kolumne möchte ich mit einem kleinen Experiment starten – ich wette, dass Sie spätestens in drei Sätzen umblättern. Los geht’s: Der Klimawandel ist die größte Herausforderung unserer Generation. Bis 2050 müssen wir den Netto-CO2-Ausstoß um 50 Gigatonnen reduzieren. 2023 war das mit Abstand wärmste Jahr seit Beginn der …

Lesen Sie noch? Mein Gefühl ist, dass viele Leser bei diesen Weltuntergangsszenarien mittlerweile desinteressiert, sogar leicht genervt von den omnipräsenten Kassandra-­Klängen sind. Dabei hat das Verständnis für das Problem und die Akzeptanz der wissenschaftlichen Fakten in den letzten Jahren stark zugenommen. Selbst in den USA akzeptiert mittlerweile eine klare Mehrheit, dass sich unser Klima wandelt. Und eine etwas knappere Mehrheit glaubt auch, dass der Mensch dafür die Verantwortung trägt. In Europa ist das inzwischen ohnehin Konsens. Allerdings findet sich nirgends ein Experte, der der Meinung ist, dass wir als Gesellschaft auch nur annähernd genug tun, um der sich anbahnenden Katastrophe entgegenzuwirken.

Drastische Vorträge und stille Protestaktionen alleine, wie man sieht, werden nicht zum Ziel führen, Menschen zum Mitmachen zu bewegen. Oder um es mit den Worten der amerikanischen Klimaaktivistin Kathryn Murdoch zu sagen: „We have been screaming. But screaming only gets you so far.“ Murdoch ist eine der prominentesten Vertreterinnen einer neuen Bewegung, der die Soziologin Dana Fisher den Namen „Apocalyptic Optimism“ gegeben hat. Die „Apocalyptic Optimists“ haben dieselben Ziele wie alle Klimaaktivisten: Sie wollen, das aus Verständnis endlich konsequentes Handeln wird. Aber ihre Methoden sind neu. Anstatt die apokalyptischen Konsequenzen des versäumten Handelns wieder und wieder und oft mit wütender Stimme vorzutragen, setzen sie auf Optimismus: Wir alle können aktiv dazu beitragen, das Problem zu lösen. 

Und mehr noch: Die Krise sollten wir alle begreifen als Chance und Katalysator, eine wunderbare Zukunft zu bauen für uns und unsere Kinder. Und ganz wichtig: Es ist noch nicht zu spät – wir können das schaffen. Dabei entstehen gerade spannende Projekte. Wie etwa Murdochs mitreißende Doku-Reihe „A Brief History of the Future“ und viele andere Werke, die das Konstruktive und Machbare in den Vordergrund stellen und nicht die Folgen unseres drohenden Scheiterns.

Nun wird angelsächsisch geprägter Can-do-Optimismus allein sicher nicht ausreichen, um die Erderwärmung zu stoppen. Aber vielleicht ist der Ansatz der „­Apocalyptic Optimists“, auf eine weniger konfrontative, mehr kon­struktive Form des Aktivismus zu setzen, ein Schritt in die richtige Richtung, um den Weg vom Verstehen zum Handeln zu ebnen. Den Versuch ist es mit Sicherheit wert.

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