Life & Style Die Schöffin: Ich frage mich, ob ich abgehauen wäre

Die Schöffin: Ich frage mich, ob ich abgehauen wäre

Ein Prozess irgendwo in Deutschland. Ich bin Luise. Als Schöffin eingeteilt. Zum ersten Mal sitze ich in einem Strafprozess. Ein Griff ins nackte Leben – und Überleben. Ich bin ahnungslos und erschüttert. Das ist mein Protokoll. Heute: die Tat.   

Es ist der sechste Verhandlungstag. Immer wieder fällt mir auf, wie sorgfältig sich die vier Angeklagten zurechtmachen. Haare, Make-up, Kleidung, Duft – alles picobello. Und ich werde regelmäßig vor allem vom Hauptangeklagten gescannt, immer und immer wieder. Er traktiert mich aus den eng zusammenstehenden Augen. Ich spüre das. Ich blicke dann fest zurück. Stur, Luise, stur wie ich es gut kann.

Die Befragung des Opfers geht heute weiter. Die Frau ist von Sitzung zu Sitzung verängstigter. Aber wieder sehr hübsch zurechtgemacht, sie riecht nach hochwertigem Parfum und trägt elegante Kleidung. Sie schaut immer wieder total vorsichtig und misstrauisch zum Angeklagten rüber. Sie muss panische Angst haben, dass der noch einmal etwas macht – vielleicht so schnell, dass keiner reagieren kann.

Wir erfahren Neues: Sie musste ihr eigenes Smartphone aufgrund der Kontakte zu Männern darin an die Angeklagten abgeben. Sie hat ein „Arbeits-Smartphone“ bekommen, mit Ortung. Nach einer einmaligen Social-Media-Aktion hat sie ein Tastentelefon mit GPS bekommen, auch hier ist die Dauerortung aktiv. Nach Deaktivierung sämtlicher Kontakte und Social-Media-Kanäle auf dem Arbeitssmartphone bekommt sie es zurück, versteckt gleichzeitig das Tastentelefon!

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