Life & Style Die Schöffin: Das alles für Geld?

Die Schöffin: Das alles für Geld?

Zuerst immer wieder dieselben Antworten auf Fragen nach dem Wie (Einstieg in die Prostitution), dem Ablauf und dem Ausstieg. Wie sie daran gekommen ist, durch wen. Immer wieder betont sie, man habe ihr vorher versichert, dass sie jederzeit aussteigen könne. Die Antworten wechseln dann zwischen „weiß nicht“ und „weiß nicht mehr“.

Dazu kommt mir auf einmal eine Szene aus dem Film Ein Fisch namens Wanda aus dem Jahr 1988 in den Sinn. Als der Anwalt dort einem Stotternden den entscheidenden Hotelnamen entlocken will: „Jetzt machen Sie aber mal!“ Das würde ich hier auch am liebsten sagen. Ich kann nicht anders: Muss leider grinsen, obwohl das hier eigentlich total unpassend ist.

Dann kommt langsam mehr Inhalt. Das erste Mal Faustschläge ins Gesicht, als sie nach kurzer Zeit doch wieder aussteigen will, mit dem Grund: „Das ist nichts für mich.“ Ich glaube, da hat sie kurz begriffen, in was sie da reingeraten ist. Aber nur ganz kurz. Vielleicht will sie es auch nicht wahrhaben. Der Mensch neigt ja dazu, das zu verdrängen, was eigentlich nicht sein darf. Die erzwungene 24/7-Smartphone-Ortung, was wirklich permanente Überwachung bedeutet. Für alles außerhalb der Wohnung um Erlaubnis fragen müssen. Der regelmäßige vom Angeklagten eingeforderte ungeschützte Sex. Die permanente Kontrolle durch eine Mitangeklagte. Sie wird auf dem Kiez angelernt, arbeitet aber kaum allein.

Dann der D-Day: Das Opfer ist unterwegs, ohne sich offiziell abzumelden, und über die Ortung nicht auffindbar. Vergessen, die Ortung einzuschalten? Das kommt nicht so ganz raus. Nach vielen, immer lauter werdenden Telefonaten, wo sie ist und warum ihre Bewacher das nicht wissen, wird sie entdeckt und gegen ihren Willen zu einer Wohnung gebracht, von der aus die Damen zu ihrer Arbeit gehen. Dort muss sie warten, bis der wütende Angeklagte kommt und sie heftig vermöbelt: Faustschläge ins Gesicht, heftige Tritte in Bauch und Rücken. Sie wird so verprügelt, dass sie an diesem Abend nicht mehr arbeiten darf. Kann kaum aufstehen. Aber hat’s überlebt. Sie weint immer wieder, als sie das erzählt. Sie hat Angst, große Angst.

Wir müssen die Sitzung 15 Minuten unterbrechen. Warum, frage ich mich, hat sie das alles mit sich machen lassen? Gab es echt keinen Ausweg? Das alles für Geld…?! Ich brauche mehr Infos.

Zurück in der Sitzung. Das Opfer sieht verweint aus, schnieft. Die anderen Beteiligten blicken nach unten, sehen nicht auf. Sie erzählt weiter. Sie sei ins Bett gebracht worden, habe Kühlpacks fürs Gesicht bekommen und sei in eine Wohnung gesperrt worden. Mittels eines in einem Schrank versteckten Telefons ruft sie den Notruf an. Dann Befreiung via Drehleiter durch die Polizei, ins Krankenhaus, Notaufnahme.

Es kommen keine chronologischen Antworten auf eigentlich chronologisch gestellte Fragen. Sie hat große Erinnerungslücken oder sie hat ganz viel verdrängt.

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