Innovation & Future Warum es mit der Arbeit bei ukrainischen Flüchtlingen so selten klappt

Warum es mit der Arbeit bei ukrainischen Flüchtlingen so selten klappt

Dietrich Thränhardt, Autor der Analyse, bedauert die Entwicklung und zwar nicht nur wegen der offensichtlich verschenkten Arbeitskraft. „Arbeit ist ein Schlüssel zur Integration. Wenn man eigenes Geld verdient, erwirbt man Selbstvertrauen und Respekt, hat Kontakte auf gleicher Ebene und lernt damit auch die Sprache schneller.“ In der deutschen Debatte entstehe oft der Eindruck, Flüchtlinge müssten immer eine Belastung sein. Das staatliche Polnische Wirtschaftsinstitut dagegen, sagt Thränhardt, erwartet für 2023 von den Flüchtlingen aus der Ukraine mehr Steuereinnahmen als Ausgaben. 

Thränhardts Analyse beschäftigt sich auch mit den Ursachen der unterschiedlichen Arbeitsbeteiligung innerhalb der EU. Grundsätzlich seien die rechtlichen Voraussetzungen ähnlich: In allen EU-Ländern bekommen ukrainische Flüchtlinge einen vorübergehenden Schutzstatus. So können sie ohne aufwendiges Asylverfahren im Aufnahmeland leben, sind in die Gesundheits- und Sozialsysteme integriert und dürfen sofort arbeiten. Dennoch liegt die Quote in Tschechien bei 50 Prozent, in Polen bei 66 Prozent und in den Niederlanden sogar bei 70 Prozent. 

Dass Polen und Tschechien im Vergleich zu Deutschland einen so großen Vorsprung haben, liege auch daran, dass die finanzielle Unterstützung in Polen und Tschechien deutlich geringer als in Deutschland und auch zeitlich begrenzt sei. Allein das Bürgergeld für alleinstehende Flüchtlinge aus der Ukraine liegt hierzulande bei 563 Euro, dazu kommen Wohngeld und Heizkosten, die übernommen werden. In Tschechien bekommen die Flüchtlinge zunächst eine monatliche Soforthilfe von umgerechnet 200 Euro. Nach fünf Monaten sinkt der Betrag auf 130 Euro. Auch die Krankenversicherung und die Kosten für die Unterbringung in einer Sammelunterkunft werden inzwischen nur noch befristet übernommen. In Polen kann auf Antrag eine Einmalzahlung von umgerechnet 66 Euro sowie Kindergeld in Höhe von 110 Euro pro Monat ausgezahlt werden; darüber hinaus gibt es keine Sozialhilfe mehr. Wer länger als vier Monate in einer Sammelunterkunft lebt, muss die Kosten zur Hälfte selbst übernehmen. Das bedeutet: Viele Geflüchtete sind gezwungen, einen Job anzunehmen, in der Regel auch im Niedriglohnsektor.  

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