Leadership & Karriere Das Bürgergeld macht den Kohl nicht fett: Deutschlands Sozialetat hat ein anderes Problem 

Das Bürgergeld macht den Kohl nicht fett: Deutschlands Sozialetat hat ein anderes Problem 

Um die Höhe der Sozialleistungen zu qualifizieren ist die Sozialleistungsquote – also das Verhältnis der Sozialleistungen zum Bruttoinlandsprodukt – deutlich aussagekräftiger als die absoluten Zahlen. Zwischen 2011 und 2019 stieg die Sozialleistungsquote von 28,8 auf 30,1 Prozent maßvoll. Um die Folgen der Corona-Pandemie zu mildern, kam es im Jahr 2020 unter anderem zu steigenden Ausgaben beim Kurzarbeitergeld, bei der Pflegeversicherung und beim Kindergeld. Der Anstieg der Sozialleistungsausgaben um 7,4 Prozent und der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 3 Prozent führten von 2019 auf 2020 zu einem Anstieg der Sozialleistungsquote von 30,1 auf 33,4 Prozent. Inzwischen ist die Quote wieder leicht zurückgegangen. „Wer von einem ungebremst wachsenden Sozialstaat spricht, oder davon, dass der Staat generell immer weiter aufgebläht werde, verbreitet eine Mär, die nicht durch Fakten gedeckt ist“, sagt deswegen Sebastian Dullien, Professor am SPD nahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Im OECD-Ländervergleich liegt Deutschland hinter Frankreich, Italien und zum Beispiel Österreich auf Platz sechs mit seiner Sozialquote. Der Vergleich hinkt aber, weil Renten- und Gesundheitssysteme in den Ländern unterschiedlich sind. 

Fazit der Betrachtung: Das höchstumstrittene Bürgergeld macht den Kohl nicht fett. Es ist von den Zahlen her reine Symbolpolitik, wenn sich die Ampelkoalition drüber streitet. Der deutsche Sozialstaat hat größere Probleme als die Grundsicherung bei Arbeitslosigkeit. Und wenn die Wirtschaft wieder wachsen würde, bliebe auch die Sozialleistungsquote im Rahmen. Falls sich eine Mehrheit findet, die den Sozialstaat wirklich beschneiden will, sind andere Wege als Kürzungen beim Bürgergeld aussichtsreicher. 

Das Rentensystem beispielsweise frisst Jahr für Jahr einen größeren Teil des Bundeshaushalts, und könnte, so eine ifo-Prognose, im Jahr 2050 schon 60 Prozent des ganzen Bundesetats beanspruchen. Bis dahin bleibt Zeit, um die Lebensarbeitszeit zu erhöhen und beispielsweise kräftig in einen kapitalgedeckten Anlagefonds zu investieren. So ließen sich die wachsenden Rentenansprüche finanzieren und gleichzeitig der übrige Sozialstaat entlasten. 

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