Female Entrepreneurship Zwischen Krisen und mehr Freizeit: Warum Frauen weniger Kinder bekommen

Zwischen Krisen und mehr Freizeit: Warum Frauen weniger Kinder bekommen

Immer öfter hört man es: Frauen, die bewusst auf Kinder verzichten. Was steckt dahinter? Von der Jagd nach einer steilen Karriere bis zu den Fallstricken der modernen Elternschaft – die Ursachen für den Verzicht auf das Kinderkriegen scheinen vielfältig und individuell.

In einer Welt voller Möglichkeiten und ständigem Wandel ist es keine Überraschung, dass traditionelle Lebenswege immer öfter in Frage gestellt werden. Eine Studie zeigt, dass es in Deutschland seit Jahren einen Geburtenrückgang gibt und das durchschnittliche Alter der Eltern bei der Geburt des ersten Kindes immer höher wird. Immer mehr Frauen entscheiden sich heute bewusst gegen die Mutterschaft und priorisieren andere Lebensbereiche wie Karriere, Freiheit und persönliche Entfaltung. Doch was steckt hinter dieser Entwicklung?

In der Krise will keiner ein Kind bekommen

In Deutschland blieb die Geburtenrate während der Corona-Pandemie zunächst stabil, fiel dann im Januar 2022 aber plötzlich auf 1,4 Kinder pro Frau, bevor sie sich im Sommer wieder auf 1,5 Kinder pro Frau erholte. Im letzten Jahr deuten vorläufige Berechnungen auf einen weiteren Rückgang hin – eine überraschende Entwicklung, da sich die Geburtenrate normalerweise nicht so schnell verändert.

Doch die zahlreichen Krisen, mit denen die Menschen in den letzten Jahren umgehen mussten, scheinen einer der Gründe zu sein, weshalb Menschen weniger und später Kinder bekommen möchten. Der Ukraine-Krieg, eine hohe Inflation und auch der immer stärker spürbare Klimawandel haben die Menschen zusätzlich zur Ausnahmesituation durch die Corona-Pandemie stark verunsichert. In solch unruhigen Zeiten denken viele also lieber zweimal über Kinder nach. Das sind jedoch nur die äußeren Rahmenbedingungen, von denen bisher immer ausgegangen wurde.

Selbstbestimmung: Lieber Freizeit als Kinder?

Eine Studie räumt nun aber offenbar mit dieser Annahme auf. Denn in der Untersuchung wurden Frauen zu den Gründen ihres fehlenden Kinderwunschs befragt, und die Ergebnisse sehen ganz anders aus, als viele vermuten.

So liegt der Hauptgrund für den Verzicht auf Kinder in der zusätzlichen Freizeit, die natürlich ohne Nachwuchs individueller gestaltet werden kann. Für 82,4 Prozent der Frauen war mehr Freizeit ein wichtiger Faktor, gefolgt von der Möglichkeit zur Selbstverwirklichung (80 Prozent) und dem Wunsch, schlicht keine Verantwortung für die Betreuung und Erziehung eines Kindes zu übernehmen (73,4 Prozent).

Eine weitere Überraschung ist der Zeitpunkt, an welchem Frauen durchschnittlich die Entscheidung treffen, keine Kinder bekommen zu wollen. Der Großteil (42 Prozent) traf diese Entscheidung nämlich bereits vor ihrem 18. Lebensjahr. Frauen, die sich früh gegen ein Kind entscheiden, sind also keine Ausnahme. Die Hälfte entscheidet sich bis zum 21. Lebensjahr und acht von zehn Frauen haben sich bis zum 30. Lebensjahr entschieden. Über 70 Prozent der Frauen haben sogar nie in ihrem Leben den Wunsch verspürt, eine Familie zu gründen.

Das „4B Movement“ in Südkorea

Doch während hierzulande persönliche Bedürfnisse eine große Rolle spielen, bekommen viele Frauen in anderen Ländern aus Protest keine Kinder. Der Roman „Kim Jiyoung, geboren 1982“ von Cho Nam-Joo aus dem Jahr 2016 erzählt die alltäglichen Erfahrungen einer Durchschnittsfrau mit dem harten Sexismus, der Ungleichheit und der Frauenfeindlichkeit im modernen Südkorea. Dieses Buch hat das „4B Movement“ in Südkorea ins Rollen gebracht. Die Frauen dort sind genauso frustriert wie die Protagonistin von Nam-Joo.

Der Westen betrachtet Südkorea oft durch eine bonbonfarbene Linse. Ein Land, das auf Würde, Respekt, K-Pop-Bands und innovativer Technologie basiert. Sicher ist es liberaler als sein nördlicher Nachbar, doch hat Südkorea eine lange Geschichte der Unterdrückung von Frauen, die sich auch heute noch klar in gesellschaftlichen Strukturen erkennen lässt:

  • Im Koreakrieg ließen Soldaten Frauen über Straßen laufen, auf denen sie Landminen vermuteten, um ihre Sicherheit zu überprüfen.
  • Eine Abtreibung war zwischen 1953 und 2021 in den meisten Fällen illegal.
  • Eine Studie der Regierung aus dem Jahr 2015 ergab, dass fast 80 Prozent der Frauen am Arbeitsplatz sexuell belästigt worden waren.
  • Im Global Gender Gap Index 2022 belegt Südkorea in puncto Gleichstellung der Geschlechter nur Rang 99 von 146 Ländern.

Das „4B Movement“ basiert auf vier Prinzipien: Bihon (Nein zur heterosexuellen Ehe), Bichulsan (Nein zum Kinderkriegen), Biyeonae (Nein zum Dating) und Bisekseu (Nein zu heterosexuellen Beziehungen). Proteste finden sowohl online als auch landesweit in den Städten statt. Eine Kundgebung für Frauenrechte in Seoul im Jahr 2018 dauerte ganze 33 Stunden. Eine Frau nach der anderen trat auf die Bühne und berichtete von ihren Erfahrungen mit geschlechtsspezifischem Missbrauch.

Die Mitgliederinnen des „4B Movement“, frustriert von der Geschlechterdiskriminierung in allen Bereichen ihrer Gesellschaft, wollen nicht nur gegen das Patriarchat kämpfen, sondern es komplett hinter sich lassen. Ein Artikel der südkoreanischen Zeitung „The Sisa Times“ vom Januar 2023 berichtete, dass 65 Prozent der Frauen im Land keine Kinder haben wollen. Etwa 42 Prozent möchten nicht heiraten, wobei über 80 Prozent von ihnen häusliche Gewalt als Hauptgrund angeben.

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