Life & Style Play hard kommt in Mode: Der erste Fashion-Designer, der Freiheit schneidert

Play hard kommt in Mode: Der erste Fashion-Designer, der Freiheit schneidert

Die neuen Play-Hard-Rules fürs Wochenende: Einfach mal Work aus dem Leben streichen. Gern auch für immer. Wie Designer Dries van Noten. Der verwirrt die Fashion-Branche, in dem er Nadel und Geduldsfaden freiwillig abgibt. Nach 38 Jahren im Business. Einfach so. Andere wie Gianni Versace haben erst aufgehört, áls sie vor ihrer Villa erschossen wurden. Oder sich selbst aus dem Fashionleben nahmen wie Alexander McQueen. Oder so lange arbeiteten, bis sie wie Karl Lagerfeld tot vor die Hauskatze kippten. Aber das ist nicht mehr in Mode.

Was haben wir nicht alles über „Quiet Quitting“ gehört, dass Mitarbeiter innerlich längst gekündigt haben und im Home-Office nur noch vor sich hinverwesen, bis sie einen anderen Job finden.  Angestellte können alles hinschmeissen, klar. Aber auch Marken? Kann Porsche einfach aufhören, Porsche zu sein? Oder Rolex entscheiden, nicht mehr Rolex sein zu wollen und ganz anders zu ticken?

Dries van Noten lebt es gerade vor. Er hat diese Woche gepostet, nicht mehr Dries van Noten sein zu wollen. Einer der wichtigsten Designer unserer Zeit tritt einfach von der Bühne. Nicht weil er plötzlich unerfolgreich wäre, ihn ein ungehaltener Investor drängen oder eine Krankheit zwingen würde. Nein, let’s play it hard: Sondern einfach, weil er ein anderes Spiel spielen möchte. „Ich möchte meinen Fokus auf die Dinge lenken, für die ich nie Zeit hatte“, schreibt er in seinem Abschiedsbrief an die Fashionwelt.

Dries war der erste Business Punker seiner Zeit. Anfang der Achziger in Antwerpen. Eine Schneiderfamilie. Er soll er das Herrenaustatter-Geschäft des Vaters übernehmen. Aber seine Träume sind größer. Er studiert an der renommierten Königlichen Akademie der Schönen Künste, scharrt intellektuelle Jung-Designer wie Dirk Bikkembergs, Ann Demeulemeester, Dirk Van Saene, Walter Van Beirendonck und Marina Yee um sich. Die „Antwerp Six“, wie sie später genannt werden. Dries ist ihre Leader. Weil sie kein Geld für eine Runwayshow haben, laden sie ihre Kollektionen auf einen Lastwagen, fahren damit nach London zur Modewoche und verkaufen sie auf der Straße. Bester Founder-Spirit. Die Fashionwelt feiert sie seit dem. 

Avantgarde, zurückhaltend, ernsthaft. Dries van Noten verankert Antwerpen auf der Mode-Landkarte neben Mailand, Paris, London und New York. Er verzichtet auf Werbung und Celebrities, lässt seine Arbeit für sich sprechen. Er hat Einfluss, als es noch keine Influencer gibt.

Seine Schauen: legendär. Mal unter einer U-Bahn-Brücke in Paris, mal in einem Opern-Depot oder in einer Tiefgarage. Zu seiner 50. Show lässt er in einer riesigen Industriehalle einen 120 Meter langen Dinner-Table aufstellen. Alles stilvoll eingedeckt. Nach der Hauptspeise heben sich die Kronleuchter, Models klettern über die Stühle und laufen über die Tischdecke. Modekritiker springen auf und weinen vor Begeisterung.

Jetzt haben sie wieder Tränen in den Augen: Weil Dries geht. Die nächste Show im Sommer wird seine letzte sein. Den LKW voller Ideen, den er vor 38 Jahren von Antwerpen nach London gefahren hat, stellt er ab. Er wird 66 und wolle Platz für neue Talente machen. Das Ende einer Ära. „This is absolutely the worst fashion news in a long, loooong time“, posten wichtige Fashion-Bloggs.

Was ist das Learning daraus? Giorgio Armani wird 90. Ralph Lauren 85. Miuccia Prada 75. Und sie arbeiten immer noch jeden Tag. Work hard, ja. Aber Play hard bedeutet: Nichts muss für immer sein. Du kannst das Game jeden Tag verändern!  

PS: Als Karl Lagerfeld am 19. Februar 2019 starb, hat er seiner Birma-Katze Choupette 3,5 Millionen Euro hinterlassen. Sie führt heute ein play hard only Leben. Ihre Modelkarriere hat sie beendet. Sie spielt nur noch mit all den Mäusen.…

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